Motorradreise von Patagonien nach Alaska, Argentinien, Fin del Mundo, Honda CRF300L

Fin del Mundo

Weiter südlich liegt der bekannte Nationalpark Torres del Paine, denn ich gerne besuchen möchte.

 

Der angesagte Regen begleitet mit starkem Wind lesen sich jedoch nicht einladend. Hinzu kommt ein Streik der Nationalpark Mitarbeitenden, weshalb etliche Einrichtungen und Wanderwege geschlossen sind.

 

Ich ändere deshalb meine Pläne und reise bereits jetzt ans Ende der Welt, anstatt erst im Januar. So umgehe ich zusätzlich die Hochsaison in Ushuaia, was mir sympathisch ist.

 

Die Erste der drei Reiseetappen fege ich mit Rückenwind von El Calafate nach Rio Gallegos am Südatlantik.

 

Landschaftlich werde ich dabei nicht verwöhnt. Flach, flach und nochmals flach und alles, was etwas in die Höhe ragt, wird vom Wind gnadenlos zerzaust.

 

Lediglich die Guanakos, die ich in den vorherigen Blogartikeln irrtümlicherweise als Vikunjas bezeichnete, widersetzen sich ihm.

 

In etwa der Hälfte der Strecke erscheint eine kleine Versorgungsstation mit Tankstelle. Ich fülle den Tank und stelle die Honda windgeschützt hinter eine Mauer, damit ich in Ruhe eine Pause im Restaurant einlegen kann.

Es dauert nicht lange und von der anderen Richtung tauchen mehrere Motorradfahrende auf. Sie bekommen ebenfalls Flüssigkeitsnachschub für die Motorräder und stellen danach ihre Maschinen neben meine Honda und betreten das Restaurant.

 

Sie grüssen mich freundlich und laden mich gleich an ihren Tisch ein als sie merken, dass ich einigermassen Spanisch spreche.

 

Zwei der Biker sind aus Brasilien und die anderen drei aus Argentinien. Sie alle haben sich erst kurz vorher bei einem Stopp kennengelernt und sind zusammen an die Tankstelle gefahren.

 

Der Sprachenmix aus portugiesisch, spanisch und meinen eingeschränkten Sprachkenntnissen bringt uns viel zum Lachen und Hinterlassen bei mir eines dieser unvergesslichen Reiseerlebnisse.

 

In Rio Gallegos bekomme ich ein günstiges Einzelzimmer im Zentrum, wo meine Enduro zwischen drei grossen BMW-Maschinen einen sicheren Parkplatz bekommt.

 

Danach bummle ich ein wenig durch die Ortschaft und hole etwas Geld bei der Western Union Filiale für meine Weiterreise ab.


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Beim Frühstück lerne ich die drei BMW-Fahrer kennen, die aus Brasilien kommen. Zur Gruppe gehören zwei weitere Personen, die jedoch mit dem Auto fahren und ihr Gepäck transportieren. Komfortabel.

 

Sie sind ebenfalls unterwegs nach Ushuaia und wie sich herausstellt, treffen wir uns heute noch mehrere Male unterwegs.

 

Ushuaia liegt auf der Insel Tierra del Fuego, die etwa zur Hälfte zu Argentinien und Chile gehört. Das führt dazu, dass die Strecke über zwei Zollämter führt und eine Fährfahrt beinhaltet.

 

An diesen Knotenpunkten begegne ich jeweils der Gruppe aus Brasilien und etlichen anderen Reisenden, die zur selben Zeit unterwegs sind.

 

Eine knappe Fahrstunde von Rio Gallegos entfernt, liegt die erste Grenze zu Chile. Die Ausreise aus Argentinien gestaltet sich dabei als Geduldsprobe, benötige ich doch zwei Stunden dafür.

 

Die Einreise nach Chile verläuft dagegen viel zügiger, weil durch die langen Wartezeiten am argentinischen Zoll, die Einreisenden lediglich tropfenweise ankommen.

 

Zwischenzeitlich ist der Wind erwacht und bläst mir auf dem Weg zur Fähre volle Pulle entgegen.

 

Die Überfahrt dauert etwa 20 Minuten und die Schiffe verkehren ohne Pausen hin und her. Das ist nötig, weil der gesamte Gütertransport für die Region Ushuaia über Lastwagen auf dieser Route verläuft.

 

Als ich an der Verladestation ankommen, verblüfft mich die steile Rampe runter auf die Fähre und wie sich die tonnenschweren Lastwagen langsam runter und hoch tasten. Fährt da einer ungebremst auf die Fähre, versenkt er diese gleich.

 

Ich bekomme einen Platz auf dem gleich auslaufenden Kahn und staune über die vielen Motorräder auf dem Boot. Das sind an die dreissig Zweiräder inklusive der BMW-Gruppe aus meinem Hotel in Rio Gallegos.

 

Neben mir parkt ein ebenfalls aus Brasilien kommendes Paar, die etwas Englisch sprechen.

Sie erklären mir, dass für etliche Motorradreisende aus Brasilien die Rundreise auf der Routa 40 in den Süden und weiter bis nach Ushuaia und dann auf der Routa 3 wieder hoch bis nach Buenos Aires ein Traum ist, den sie sich erfüllen wollen.

 

Trotz den heftigen Windturbulenzen verläuft die Überfahrt ruhig, was sich jedoch schnell ändert als ich die Rampe hochfahre und oben das Gefühl habe, dass ich gleich abhebe.

 

In der einzigen chilenischen Ortschaft auf meiner Strecke stoppe ich an der Tankstelle. Normalerweise werden die Zapfsäulen durch das angeschlossene Restaurant oder WC-Block vom Wind geschützt. Unverständlicherweise hier nicht.

 

Ich muss deshalb die Honda beim Betanken seitlich stützen, damit sie nicht davonfliegt. Wie dass der Tankwart den ganzen Tag aushält, bleibt mir ein Rätsel.

 

Ohne Pause fahre ich gleich weiter und gelange ausgehungert zwei Stunden später zum zweiten chilenischen Zollamt.

 

Die Warteschlange ist klein, weshalb ich mich zuerst auf einen Stuhl setze und eine Kleinigkeit esse und trinke.

 

Der anschliessenden Ausreisepapierkram verläuft innert zehn Minuten und, kaum zu glauben, trifft dies auch bei der Einreise nach Argentinien einige Kilometer später zu.

 

Zur Einfahrt zum Hostal Motorcycle fin del Mundo in Rio Grande biege ich eine knappe Stunde später ein. Vom Inhaber werde ich freundlich begrüsst und er zeigt mich gleich, wo ich die Honda windgeschützt parkieren kann. Im Partyraum.

 

Von der Anzahl der Motorradreisenden, die ich heute gesehen habe, ging ich davon aus, dass es im Hostal geschäftig zu und her geht. Wie es aussieht, bin ich aber der einzige Gast und bekomme dadurch das Bett mit Meersicht.

 

Ich ruhe mich etwas aus und verschiebe mich danach in den Auftenthaltsraum, wo der Inhaber und ein paar Freunde von ihm sitzen und mir beim Nachtessen Gesellschaft leisten. Natürlich läuft daneben der Fernseher mit Neuigkeiten von der Fussball-WM in Katar.

 


Die rauschenden Wellen und die aufgehende Sonne wecken mich. Was für ein angenehmer Weckdienst.

 

Der Windschalter steht im Moment noch auf aus, weshalb ich kein Klappern und Pfeifen höre.

 

Ich packe meine sieben Sachen zusammen, verstaue sie auf der Honda und gehe in den Aufenthaltsraum für mein Frühstück.

 

Wir plaudern ein wenig und werden von einer knallenden Türe gestört. Wer wars? Natürlich der Wind, der aus seinem Schlaf erwacht ist.

 

Wie es scheint, ist er heute schlechter gelaunt als sonst und bläst gleich in einer Heftigkeit daher, dass ich kaum aus der Ausfahrt rausfahren kann. Das wird lustig heute.

 

Miguel, der Hostal Inhaber, versprühte beim Frühstück etwas Hoffnung, indem er erzählt, dass nach etwa 50km in Richtung Ushuaia die Landschaft ändere und Wald und Berge den Wind etwas abbremsen.

 

Zum Glück hat er recht und mein Kampf gegen die stürmische Naturgewalt hat durch die nahenden Bäume ein Ende. Ihren Widerstand bezahlen sich mit abgebrochenen Baumstämmen und Ästen.

Nach der Mittagspause in der letzten Ortschaft vor dem Ende der Welt, wechselt die Landschaft mit Seen, grünen Wäldern und schneebedeckten Bergen auf heimisch.

 

Die Strasse führt mich sogar über einen kleinen, kurvenreichen Bergpass und anschliessend hinunter zum Beagle Kanal, wo die Strasse am südlichsten Punkt an den ich auf der Welt fahren kann, endet.

 

Doch vorher halte ich beim Motorradmuseum in Haruwen an und kaufe mir für umgerechnet CHF 1.00 ein Diplom für die Reise von Patagonien nach Alaska. Der Gag dabei ist, dass auf dem Diplom nur die eine Hälfte eines Stempels ist und ich die andere Hälfte in Alaska erhalte. Ob und wann ich das schaffe, wird sich zeigen.

 

Und dann stehe ich vor dem Ortschild von Ushuaia und somit am Fin del Mundo, wie man in Südamerika sagt.

 

Eindrücklich und gleichzeitig etwas verrückt, beginnt ja meine eigentliche Reise von Patagonien nach Alaska erst ab hier.

 

Von anderen Motorradreisenden habe ich den Tipp für meine Unterkunft oberhalb der Stadt bekommen und erklimme mit der Honda die steile Strasse und werde mich einer Aussicht auf die Stadt und den Beagle Kanal belohnt.


Die nächsten drei Tage verbringe ich mit relaxen, durch die Stadt bummeln und mit einem Besuch im angrenzenden Nationalparks Tierra del Fuego, in dem die Routa 3 offiziell am Beagle Kanal endet. Ein Foto mit der Hinweistafel darf selbstverständlich nicht fehlen.

 

Im Park befindet sich zudem das südlichste Postoffice der Welt. Von dem schicke ich eine Postkarte an die beiden Jungs des Bruders meiner Lebenspartnerin.

Anschliessend setze ich mich im Windschatten auf den Steg und geniesse den Augenblick. Zugleich schwirren mir  Gedanken durch den Kopf, wie meine Reise ab jetzt in Richtung Norden verläuft.

 

Eines ist sicher, es bleibt spannend.



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