Motorradreise von Patagonien nach Alaska, Chile, Carretera Austral, Honda CRF300L

Carretera Austral

Eine wenig befahrene Schotterstrasse führt von Lago Posadas über den Paso Roballos nach Chile auf die Carretera Austral.

 

Dazwischen liegen die beiden einsamen Grenzposten in den Anden.

 

Gespannt starte ich die Honda und freue mich auf die Strecke, die gemäss dem Hotelbesitzer durch eine abwechslungsreiche Landschaft führt.

 

Und er hat recht. Kurvenreich verläuft die Piste durch ein Gebiet, dass mich stark an den amerikanischen Westen erinnert.

 

Rauf und runter lenke ich die Honda durch farbige Felsformationen, entlang ausgetrockneter Seen oder wenn Wasser vorhanden ist, durch grasgrüne Ebenen. Und alles ist jeweils umrahmt von den Schneegipfeln der Anden.

 

An exponierten Stellen versucht mich der Wind weiterhin von der Strasse zu blasen. Mit der Übung der vergangenen Wochen kontere ich und verziehe mich so rasch wie möglich in den Schutz der nächsten Felsen.

 

Kurz vor der Paso Roballos teilt sich die Piste. Die besser ausgebaute verläuft weiter der Grenze entlang bis zum Lago Buenos Aires, wo sie auf eine Hauptverkehrsachse zwischen Argentinien und Chile trifft.

 

Ich biege auf die ruppige Verzweigung ab und erklimme eine Anhöhe.

 

Dahinter breitet sich einee Ebene aus, an deren Anfang der argentinische Grenzposten liegt.

 

Ich holpere den Hügel runter und werde von der Barriere beim Zollhaus gestoppt. Die Honda stelle ich in den Wind, damit sie nicht ohne mich nach Chile fliegt.

 

Auf der Veranda wartet bereits der Zollbeamte und lässt mich ins Büro.

 

Computer hat es keine und so wird alles in dicke Bücher eingetragen, die dann vermutlich irgendwann, irgendwer ins PC-System der Immigration übertragen muss.

Ich plaudre noch etwas mit dem Beamten, bevor er mir eine gute Reise wünscht und die Schranke öffnet.

 

100 Meter später heisst mich eine Tafel in Chile willkommen.

 

Das chilenischen Zollbüro liegt sechs Kilometer entfernt und dazwischen muss ich ein Sumpfgebiet überqueren.

 

Die Piste wurde auf diesem Stück mit viel feinem Kies aufgeschüttet, worin es eine tiefe Fahrspur hat.

 

Fahrtechnisch kein grösseres Problem, wäre nicht Aiolos, der mit seinen Winden Unfug treibt und mich von der Seite kommend aus der Fahrspur drücken will.

 

Auch beim chilenischen Zoll versperret mir eine Barriere die Durchfahrt.

 

Im Büro werde ich von drei Beamten begrüsst. Alles sieht moderner aus als beim argentinischen Pendant und stehen sogar PC herum.

 

Genutzt werden sie jedoch nicht, weshalb ich ein Formular für mich und die Honda ausfüllen darf.

 

Danach zwei Stempel drauf, je eine Kopie für mich und fertig ist das Prozedere.

 

Unweit des Grenzpostens gelange ich in den Parque National Patagonia und anschliessend in das Valle Chacabuco. Zwei landschaftliche Leckerbissen.

 

Etwas nördlich der Ortschaft Cochrane treffe ich auf die Carretera Austral und werde gleich mit einem Blick auf die Flussvereinigung des Rio Chacabuco und dem Rio Baker verwöhnt.

 

In dieser Region ist die Carretera geschottert, jedoch bis Cochrane gut befahrbar.

 

Einzig die Baustelle beim Ortseingang nervt zum Schluss, weil gerade als ich ankomme, die Strasse für 30 Minuten gesperrt wird.

 

Und so dauert es noch etwas, bis ich mein Zimmer, dass kaum grösser als ein Hasenstall ist, beziehe.


Klicke auf das jeweilige Bild für eine Bildvergrösserung und Beschreibung

Bis zum südlichsten Punkt der Carretera Austral wären es weiter 250 km Schotterpiste mit einer Fährfahrt dazwischen.

 

Leider wechselt das Wetter auf mindestens fünf Tage regen, weshalb ich mich in Richtung Norden auf den Weg mache.

 

Eine halbe Tagesfahrt entfernt liegt die kleine Ortschaft Puerto Rio Tranquilo am zweitgrössten See Südamerikas, dem Lago Gral. Carrera / Buenos Aires.

Im dortigen Hafen warten kleine Boote für Ausflüge zu den Marmol Höhlen, die vom Wasser durch die Erodierung der Küstenhänge geformt wurden.

 

Durch die Grösse des Sees hat leider der Wind freie Bahn und verbläst mir den heutigen Ausflug. Zu hoch und zu wild sind die Wellen für die kleinen Boote.

 

Ich quartiere mich trotzdem kurz nach Mittag in der Ortschaft ein und verpflege mich mit einem feinen Fischgericht.


Das laute Geräusch des niederprasselnden Regens auf das Wellblechdach meines Zimmers weckt mich.

 

Es ist 08.00 Uhr, weshalb ich gleich frühstücken kann.

 

Auf meine Frage, wie es heute mit Ausflügen zu den Höhlen aussieht, winkt meine Gastgeberin gleich ab und meint, heute und wohl auch morgen sei es ungünstig.

 

Im Dorf auf besseres Wetter warten, mag ich nicht, weshalb ich meine Sachen packe und los düse.

 

Wenigstens hat der Regen zwischenzeitlich dem Wind Platz gemacht, der zwar eklig ist, aber nicht überall gleich stark bläst.

 

Sogar die Sonne drückt manchmal durch die Wolken durch, um später wieder von neuen Regenwolken verscheucht zu werden.

 

Der einsetzende Regen drosselt mein Tempo auf der Schotterpiste, weshalb sich von hinten ein Auto nähert und auf meiner Höhe das Tempo hält. Das Fenster öffnet sich und eine Frau ruft etwas heraus. Ich verstehe nichts, weshalb ich anhalte.

Es sind erneut Schweizer, die in einem Mietwagen unterwegs sind und mein Kennzeichen gesehen haben.

 

Wir unterhalten uns, bis ein weiteres Auto von hinten anrollt und sie den Weg freigeben müssen.

 

Eine Stunde später steuere ich die Honda über die neu verlegten Teerstrasse, die sich langsam aber sich über die gesamte Carretera Austral ausbreitet.

 

Auf dieser erreiche ich Coyhaique, die grösste Siedlung auf der Route 7, am späten Nachmittag.

 

Mein Quartier finde ich bei einer Familie, die im Hausanbau ein bequemes Zimmer vermietet. Ich buche gleich zwei Nächte, weil für Morgen weiterhin schlechtes Wetter gemeldet ist.

 

Den freien Tag nutze ich für Besorgungen. Geld wechseln, Prepaid SIM Karte besorgen, Haare schneiden und meinen Notvorrat auffüllen.

 

Dabei komme ich im Zentrum von einer Ecke in die Andere. Viel ist nicht los und etliche Ladenflächen sind leer oder verbarrikadiert. Die negativen Auswirkungen der langen Pandemie-Schliessungen sind unübersehbar.


Der nördliche Teil der Carretera Austral beinhalte eine Fährfahrt, wobei pro Tag lediglich eine Fähre in jede Richtung schwimmt.

 

Wegen der begrenzten Anzahl Plätze ist eine Reservation erforderlich, auch für Motorräder. Ich habe Glück und bekomme noch einen Platz auf der Fähre in drei Tagen.

 

Klar könnte ich länger auf der Carretera bleiben. Müsste dann aber die Schlechtwetterfront, die für die nächsten sieben Tage angesagt ist, aussitzen. Nichts für mich.

 

Ich düse deshalb weiter bis nach Puyuhuapi und hoffe, dass mich das Wetter wenigstens den hängenden Gletscher im naheliegenden Parque National Queulat besichtigen lässt.

 

Jedenfalls zeigt sich der blaue Himmel ein wenig bei meiner Abfahrt.

 

Das bleibt auch so auf der kurvenreichen Strecke dem Rio Simson entlang. Ein Motorradfahrgenuss.

 

Auf halber Strecke tanke ich auf nippe anschliessend an einem Kaffee.

 

Dabei fährt eine KTM an die Zapfsäule mit kanadischem Kennzeichen. Das Paar ist vor sechs Monaten in Vancouver gestartet und hauptsächlich auf der Panamericana unterwegs gewesen. Ihr Ziel ist natürlich Ushuaia. Wie es danach weitergeht, wissen sie noch nicht respektive unsere Small Talk Zeit ist vorbei, weil sie weiterwollen.

Ich schwinge mich ebenfalls in den Sattel und steure die Enduro in Richtung Norden.

 

Leider schieben sich immer mehr Wolken vor die Sonne und als ich die einzige Passhöhe auf meiner Route erreiche, giesst es wie aus Kübeln - und die Teerstrasse endet mit einer Baustelle, die ich zum Glück ohne Probleme passieren kann.

 

Die Schotterpiste runter ist schmal mit unzähligen unübersichtlichen Spitzkehren versehen. Ich bin froh, dass mir auf diesem Abschnitt kein Auto entgegenkommt.

 

Unterdessen dreht die Regenfront weiter ihren Wasserhahn auf und schüttet micht mit Wasser voll. Übel.

 

Die Piste bringt mich an einen Fjord, wo die Strasse etwas breiter wird. Da schält sich vor mir aus dem Regenvorhang ein Truck und dahinter gleich noch einer. Pua, da bin ich froh, dass die mir nicht in den Spitzkehren entgegengekommen sind.

 

In Puyuhuapi ankommend, steure ich das im Google Maps herausgesuchte Hostal an und betrete triefend nass den Eingangsbereich.

 

Es hat Platz und meine Motorradkleider und Stiefel kann ich gleich beim Holzoffen zum Trocknen lassen.

 

Der Besuch des hängenden Gletschers fällt leider ebenfalls dem Wetter zum Opfer.


Es regnet die ganze Nacht durch, was mich schlecht schlafen lässt, weil der Regen auf dem Wellblechdach einen ziemlichen Lärm verursacht.

 

Beim Frühstück erzählt mit dem Gastgeber, dass es bis am Abend durchregnet und dies bis hoch nach Chaiten, wo ich heute hinsollte, damit ich tags darauf die gebuchte Fähre erwische.

 

Das wird nichts und ich entschliesse mich einen Pausentag einzulegen und Morgen bei hoffentlich weniger Wasser vom Himmel nach Chaiten zu fahren.

Meine Fähre versuche ich umzubuchen, was leider nicht geht, weil für die kommenden Tage alle Potte voll sind

 

Auf der direkten Verbindung von Chaiten nach Puerto Montt bietet sich mir aber eine Gelegenheit für übermorgen an. Diese buche ist.

 

Den Rest des Nachmittages verbringe ich mit Routen planen für die kommenden Tage, Fussball schauen und abends als der Regen nachlässt, einem Spaziergang durch das Dorf.


Das Wetterradar behält recht und es plätschert weder in der Nacht noch heute Morgen auf das Wellblechdach.

 

Ich ziehe mich trotzdem wie für eine längere Regenfahrt an und lasse den Motor anspringen.

 

Den ersten Stopp lege ich in La Junta für Spritnachschub ein. Kaum losgefahren, gelange ich beim Ortsausgang zur einspurigen Brücke über den Rio Rosselot. Da wird bei den Trucks nicht viel Spielraum auf der Seite bleiben.

 

Jetzt folgt die Carretera für längere Zeit zuerst dem Rio Palena und danach dem Rio Frio.

In de Nähe des Lago Yelcho lässt mich das Wetter einen Blick

auf den Ventisquero Yelcho Chico Geltscher werfen. Super.

 

Am frühen Nachmittag passiere ich dann bereits die Ortstafel von Chaiten und quartiere mich im reservierten Hotelzimmer ein.

 

Die Beine vertrete ich mir bei einem Spaziergang durch die Siedlung und den knurrenden Magen stelle ich mit einer feinen Pizza ruhig.

 

Beim Rückweg ins Hotel melde sich dann der Regen wieder zurück.


Ich sitze im Pullmansessel der Fähre von Chaiten nach Puerto Montt und schreibe an diesem Blogartikel.

 

Dazu habe ich reichlich zeit, weil die Fähre wegen des starken Wellengangs bei einer Insel Schutz suchen musste, damit wir nicht auf gut Deutsch gesagt absaufen.

 

Es wird vermutlich Stunden dauern, bis wir weiter shippern können und wenn es dann soweit ist, dauert die Fahrt immernoch sieben Stunden.

 

Wieso wir überhaupt ausgelaufen sind, bleibt mir ein Rätsel. Denn bereits beim Beladen der Fähre hat es stark geregnet, begleitet mit Windböen.

 

Hinzu kommt, dass die Fähre offen ist und vorne und hinten lediglich durch die Laderampe geschlossen ist.

Und so kam es, dass nach dem verlassen des Hafens der Wellengang wilder wurde und die Fähre alle paar Minuten durch den Wellengang durchgeschüttelt wurde inklusvie meines Sitzes.

 

Wir tuckerten dann noch eine Weile weiter bis die Erschütterungen durch die Wellen so heftig wurden, dass es auch dem Kapitän Angst und Bange wurde und er zur Insel abdrehte, wo wir nun in einer Bucht liegen und auf weniger Wellen warten.

 

Das dauert sage und schreibe 10 Stunden, wodurch wir Puerto Montt erst morgens um 05.30 Uhr erreichen, als gestern Abend um 20.00 Uhr.

 

Und so hat mir das patagonische Wetter auch auf meiner letzten Fahrt durch sein Gebiet klar gemacht, wer hier in der Natur das Sagen hat.



Route und Downloads

Download
Track Carretera Austral.gpx
XML Dokument 2.7 MB
Download
POI Carretera Austral.gpx
XML Dokument 44.7 KB