MIT dem Motorrad nach Marokko, Küstenstrasse, Essauira, Suzuki DRZ400S

Der Küste entlang nach Süden

Im Hotel in Tanger treffe ich auf Jan aus Deutschland. Er kam ebenfalls heute an, aber mit der Fähre von Algeciras

 

Wir plaudern beim Frühstück und treffen uns aus Zufall am nächsten Tag bei unseren Motorrädern wieder. Schnell ist klar, dass wir die gleiche Route entlang der Küste bis in die Königs- und Hauptstadt Rabat haben und fahren deshalb spontan zusammen los. Trifft sich für mich gut, sollte die Suzuki wegen dem Scheppern den Motorengeist aufgeben.

 

Eine knappe halbe Stunden später stehen wir am Hinweisschild, dass hier der Atlantik und das Mittelmeer aufeinandertrifft. Schaue ich über die Strasse von Gibraltar, sehe ich Tarifa, wo ich im Dezember ebenfalls vor einer ähnlichen Tafel stand.

 

Die Küstenstrasse verläuft leider mehrheitlich ein paar hundert Meter entfernt vom Meer. Deshalb versperren uns oft Bäume, Häuser oder Touristenkomplexe die Sicht auf den Atlantik.

 

Zum Staunen bringt uns ein riesiger Neubau, zum dem wir auf einer nigelnagelneuen Strasse gelangen, die noch nicht Mal in meiner OSM Karte eingezeichnet ist. Überall stehen Wachen herum und grosse Gittertore versperren die Zufahrt zum überdimensionierten Gebäude. Polizei, Militär- oder eine sonstige geheime Institution? Nein, es ist kaum zu glauben, aber es ist Universitätsspital. Da frage ich mich, wer sich von der Bevölkerung einen Aufenthalt in dieser modernen Klinik leisten kann.

 

Einige duzend Kilometer später verlässt unsere Route die Küstenlinie und wir kurven auf schmalen, zerlöcherten Strässchen mitten durch stark landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Vorbei an einfachen Behausungen, die regelmässig durch neue, grosse Firmen- und Lagerhäuser unterbrochen werden.

Vor den Eintrittsgates stehen haufenweise Kleinbusse auf und neben der Strasse herum, die vermutlich die Arbeiter*innen zur Arbeit und nach Hause bringen.

 

Auf unserem weiteren Weg nach Rabat passieren wir einen Unfall. Ein Fischlieferant, der mit einem Dreiradmotorrad mit Ladefläche unterwegs war, wurde von einem Auto gerammt und umgeworfen.

 

Der Lieferant sitzt auf der Strasse und um ihn herum stehen unzählige Männer, die alle schauen oder am Telefonieren sind. Unser Vorderauto stoppt ebenfalls abrupt und der Fahrer steigt sogleich aus. Es scheint, dass der Unfall mehr Schaulustige als Helfer anzieht. Auf jeden Fall scheint der Fischlieferant ok zu sein und seine Fische wurden bereits alle eingesammelt. In der Luft liegt lediglich noch der beissende Fischgeruch.

 

Einige Kreisel später, von denen gibt es auch in Marokko mehr als genug, blockiert ein Lastwagen den Verkehr. Er fuhr vermutlich zu schnell rund herum, weshalb sich seine Steinladung von der Ladefläche verabschiedete und sich im Kreisel ausbreitet. Wir müssen zum Glück nur gerade aus, was gerade noch geht.

 

Trotz den beiden Unfällen ist das Fahren bis jetzt angenehmen. Die Einheimischen bewegen ihre Autos grundsätzlich langsam und zurückhaltend. Kein Wunder, ist die Polizei mit Geschwindigkeitskontrollen stark vertreten. Wir haben bereits drei dieser Checks unbeschadet passiert.

 

Je näher wir Rabat kommen, umso grösser wir die Polizeipräsents. Kurz vor der Stadt stehen sie fast bei jedem Kreisel und prüfen die Fahrzeuglenkenden. Uns lassen sie überall ohne Überprüfung passieren.


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Bevor wir in die Innenstadt fahren, verabschiede ich mich von Jan. Er bleibt lediglich heute Abend in Rabat und muss morgen schon wieder weiter. Seine Urlaubszeit ist beschränkt.

 

Mein Hotel liegt am Hafen zwischen den beiden Medinas der Hauptstadt, und ist in einem schönen, marokkanischen Gebäude mit sicherem Parkplatz unterbracht.

 

Und wie geht es meiner Suzuki?

 

Naja, das Scheppern glaube ich zwar noch zu hören, aber das Fahrverhalten der Enduro ist weiterhin einwandfrei. Ich entscheide deshalb, nichts weiter zu unternehmen und auf Risiko weiterzufahren. Würde ich eine Motorradgarage aufsuchen, besteht nämlich das Risiko, dass diese das halbe Motorrad auseinandernehmen wollen, um Klarheit für die Ursache zu erhalten. Meine Erfahrung sagt mir aber, dass dies keine gute Lösung wäre. Das Risiko, dass nachher gar nichts mehr geht, ist grösser, als einfach weiterzufahren.

 

Rabat ist eine kunterbunte City, wo sich marokkanisches, traditionelles Leben mit dem modernen, westlichen Stil vermischt

Das ergibt immer wieder surreale Situationen. Moderne Strassenbahnen fahren an bewohnten, halbzerfallen Hauser Zeilen vorbei oder Gläubige legen ihre Teppiche zwischen parkierenden Luxusautos für ihr Gebet nieder.

 

Trotz all der Moderne sind auch hier fast alle Restaurants und Kaffee wegen dem Ramadan geschlossen. Die wenigen, die offen haben, sind nach Sonnenuntergang voll belegt.

 

Im alten Stadtteil, der Medina, schliessen alle Shops bei Einbruch der Dunkelheit und viele sitzen vor ihrem Laden und geniessen ihr Essen und Trinken. Einer diese Shop Besitzer ruft mich bei meiner Suche nach etwas Essbaren rüber und bietet mir einen Gemüseteigtasche an, die ich gerne annehme und mit Genuss verdrücke.

 

Ein paar Schritte später finde ich doch noch einen Platz in einem Restaurant und bekomme etwas zwischen meine Zähne.


Obwohl der weitere Verlauf der Küstenstrasse nicht viel mehr verspricht, als auf der Fahrt von Tanger nach Rabat, entschliesse ich mich weiterhin ihr nach Süden zu folgen. Ich habe Zeit und kann deshalb auch landschaftlich uninteressantere Strassen fahren.

 

Bis kurz vor Casablanca ist die Strasse perfekt ausgebaut und gesäumt mit Polizisten.

 

Lust auf viel Verkehr habe ich heute nicht, weshalb ich vor der Stadt ins Landesinnere abbiege und sie grossräumig umfahre.

 

Dabei durchfahre ich einige Vororte, die im krassen Gegensatz zur herausgeputzten Hauptstadt stehen. Die Mehrheit der Bevölkerung besitzt eben wenig Geld, was sich automatisch auf ihre Behausungen und Umgebung auswirkt.

 

Ausserhalb der bedrückenden Ortschaften leben viele von der Landwirtschaft. Mit Steinzäunen begrenzen sie ihren Landabschnitt und mit Ross und Pflug bearbeiten sie ihren Boden. Hier zählt noch Hand- und Rossarbeit

Meine heutige Unterkunft liegt in einer kleinen Siedlung, in der sich die Eigentümerfamilie eine Oase mit fünf grossen Zimmern und einem Swimmingpool aufgebaut hat.

 

Gemäss der Familie übernachten bei ihnen hauptsächlich Einheimische aus den grossen umliegenden Städten und nur wenige ausländische Touristen. Sie würden das zwar gerne ändern, wissen aber selbst, dass dies schwierig ist, weil das Gebiet für ausländische Touristen unattraktive ist.

 

Tags darauf breche ich auf in Richtung Essaouira an der Südküste Marokkos. Zuerst weiter im Landesinneren, wo ich bei einem Fotostopp einen Schwatz mit einem Bauern habe, der mit seinem Mofa Futter für seine Kuh holt. Wir sprechen beide ungefähr gleich schlecht Französisch, was zusammen einen ganz passablen Wortschatz ergibt.

 

Einige Kurven später bin ich wieder auf der Küstenstrasse, die ab der Ortschaft Qualidia ihren Namen verdient. Mehrheitlich erhöht verläuft die Verkehrsachse dem Meer und bietet dadurch tolle Ausblicke.


Beim grossen Küstenort Safi weicht der Meerblick riesigen Industrieanlagen, die dampfend und stinkend die ganze Umgebung einnehmen. Die Phosphorverarbeitung ist hier tonangebend.

 

Zwischenzeitlich hat der Wind schon fast Orkanstärke angenommen, Jedenfalls fühlt es sich für mich auf der leichten Enduro so an.

 

Ich und die Suzi kämpfen uns weiter bis wir oberhalb von Essaouria für einen Fotostopp halten. Ohne Bildstabilisator wäre ein wackelloses Bild bei dem Himmelsgebläse kaum möglich. Das Helmvisier lasse ich unten, weil es sich sonst der aufgewirbelte Dreck und Staub in meiner Innerkabine bequem macht.

Gut durchgelüftet halte ich etwas später bei meiner Unterkunft, die gleich neben der alten Stadtmauer liegt. Meine Enduro, die auch heute wieder einwandfrei lief, findet ein sicheres Plätzchen im abschliessbaren Innenhof.

 

Beim Einchecken fragt mich der Hotelier, ob ich nicht eine Nacht länger bleiben möchte. Er würde mir beim Zimmerpreis entgegenkommen.

 

Gute Angebote nehme ich gerne an und bleibe zwei Nächte. Und wie ich bald herausfinde, als einziger Gast im Haus.

 

Obwohl Essaouira normalerweise viele ausländische Gäste hat, bleiben etliche Touristen noch fern, Die langen, teils abrupt vollzogenen Grenzschliessungen hinterlassen ihre Spuren.

 



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