Mit dem Motorrad nach Georgien, Türkische Schwarzmeerküste, KTM 690 Enduro

Türkische Schwarzmeerküste

Nach acht Fahrtagen ist es Zeit für einen Ruhetag. In der Ortschaft Malka Tarnowo finde ich ein kleines ruhiges Hotel und faulenze einen Tag.

 

Tags darauf bin ich früh an der Grenze. Der Bulgarische Zoll ist unbürokratisch und dauert gefühlte 10 Sekunden. Auf der türkischen Seite wird genauer kontrolliert. Nebst dem eigenen Ausweis muss für das eingeführte Fahrzeug eine gültige Versicherung vorgewiesen werden. Das dauert natürlich. Hinzu kommt, dass die Schalter für die Kontrollen nicht bei den Fahrspuren sind. Alle müssen deshalb irgendwann aussteigen, um sich auszuweisen. Angedacht wäre natürlich, dass dies nur die Personen der vordersten Fahrzeuge tun sollten. Das funktioniert hier aber nicht. Es steigen nämlich alle gleichzeitig aus, also auch diejenigen der hinteren Fahrzeuge. Das wiederrum führt zu einem Stau an den Schaltern, wodurch nicht mehr gewährleistet ist, dass die Personen der vordersten Wagen zuerst dran kommen. Alle blockieren sich so gegenseitig. Morgen-Comedy am Zoll.

 

Mein erstes Ziel ist die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke über den Bosporus. Etwa 20 Kilometer vorher biege ich auf die Zubringerautobahn ein - wahnsinn. Die Autobahn ist achtspurig und sieht für mich so aus, als ob sie erst gestern fertig erstellt wurde. Zudem hat es kaum Verkehr. Dafür blässt plötzlich ein heftiger Wind, der mich von der Enduro reissen will. Bei der ersten Zahlstelle bin ich der einzige Kunde, zum Glück.

 

Als ich nämlich mein Geld aus der Tasche nehmen will passe ich nicht auf und  vier 50 Euroscheine fallen heraus die sofort vom Winde verweht werden. Da niemand hinter mir ist, springe von der KTM, die Frau in der Mautbox winkt ihr ok, und renne meinem Geld hinterher. Mittagscomedy an der Mautzahlstelle.

 

Nach einer Übernachtung in Sile, fahre ich heute auf Nebenstrassen, sofern das möglich ist, der Schwarzmeerküste entlang. Anfangs sind viele Ortschaften touristisch gepräpt und entsprechend ausgebaut. Hier läuft vor allem an den Wochenende viel, wenn die Istanbuler Stadtbevölkerung ins Grüne respektive ans Meer fahren will. Je weiter ich nach Osten komme, desto ursprünglicher sind die Siedlungen. Die Strassen werden schmaler, Traktoren häufen sich und nach jeder Kurve muss ich mit Kühen oder Eseln rechnen.

 

Im Bezirk um die Ortschaft Zonguldak wird es wieder geschäftig. Die Region ist bekannt für ihre Kohlebergwerke. Davon hatte ich gelesen, aber keine Ahnung, wie das in der Realität aussieht. Nun ja, jetzt weiss ich es, Ich plante nämlich unbewusst meine Route durch das Hauptabbautal, also durch riesige Verarbeitungswerke, heruntergewirtschafteten Ortschaften und vor sich hin rottenden Altanlagen.

 


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Müde erreiche ich das Küstenstädtchen Ayancik und peile das Hotel an, dass mir gestern Google Map angezeigt hat. Es liegt am örtlichen Meeresboulevard. Ich trete ein und erschrecke damit die Rezeptionistin, die vor dem Fernseher in eine türkische Telenovela eingetaucht ist.

 

Das Zimmer kostet CHF 22.00 inklusive Frühstück und das Motorrad kann ich gegenüber in eine Garage stellen. Soweit so gut. Mein Zimmer ist im vierten Stock. Zur Feier des Tages, schöne Ausrede, nehme ich den Lift. Ich öffne die Zimmertüre und - wau - der uneingeschränkten Meeresblick zieht mich gleich in seinen Bann. Das Zimmer ist angenehm gross und sauber und als Krönung hat es einen Balkon. Da habe ich den Jackpot gezogen..

 

Die letzten 300 km Küstenstrassen, von Amasra bis Ayancik, ist der ursprünglichste und schönste Abschnitt der über 1'500 km langen türkischen Schwarzmeerküste. Die bergige Landschaft bewirkt das Gefühl auf einer Achterbahn unterwegs zu sein. Ständig geht es hoch oder runter und das mehrheitlich mit Steigungen von 10 % und mehr. Bis vor wenigen Jahren war zudem der Strassenzustand miserabel, wodurch sich nur wenige Touristen in dieses Gebiet verirrten. Jetzt ist die Strasse neu geteert und die ersten Touristenbusse schiessen um die Ecken.

 

Auf dem Abschnitt von Sinop bis zur georgischen Grenze, also fast die Hälfte der Strecke, rolle ich auf einer gut ausgebauten Autobahn. Jedenfalls nach meinem empfinden. Für türkische Verhältnisse ist das nur eine Hauptstrasse, die hier alle vierspurig sind.

Wirklich schade, führt doch mehrheitlich die "Hauptstrasse" direkt am Meer entlang mit vielen schönen Ausblicken und Rastplätzen. Wegen der permanenten Mittelleitplanke sind diese Rastplätze leider unerreichbar für mich.

 

Den schönen Meeresblick trübt der hier übliche chaotische und gefährliche Fahrstil. Abruptes Spurenwechseln, im Slalom überholen, rasen, telefonieren oder ohne Licht in dunklen Tunnels fahren, fordert meine 100 % Aufmerksamkeit. Zudem sind sich viele nicht an grosse, schnelle Motorräder gewohnt. Das ermüdet mich ziemlich und fünf Stunde so zu fahren sind wie zehn Stunden auf einer verkehrsarmen Landstrasse.

 

Der Grenzübertritt nach Georgien verläuft problemlos. Zwar ist der Lastwagenstau gewaltig, für Autos etc. gibt es aber eine spezielle Spur. Die türkische Seite lässt mich ohne Fragen raus und die Georgier mit einem Willkommen in Georgien rein. Hinter der Barriere ist ein grosser Rummel und sofort werde ich von etlichen Männern angesprochen, die mir eine Motorradversicherung verkaufen wollen oder mir anbieten Geld zu wechseln. Die Wechselkurse sind natürlich schlecht und die Versicherung ein Beschiss. Zum Glück weiss ich, wo ich die richtige Versicherung bekomme. Dafür brauche ich aber etwas georgisches Geld und wechsle einen kleinen Betrag. Den Rest tausche ich dann morgen in Batumi zu viel besseren Kursen.

 

Eine halbe Stunde später erreiche ich das Guesthous und werde gleich mit Essen und eigenem Wein empfangen. Georgische Gastfreundschaft.



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