Mit dem Motorrad durch Frankreich, Vercors Gebirge, Suzuki DRZ400S

Gestartet mit Ziel Pyrenäen

Abreisetag - die Enduro ist gepackt und steht motiviert in der Tiefgarage. In meiner Einbildung ruft sie mir zu «Komm, sitz auf und starte meinen Motor».

 

Sie muss sich noch etwas gedulden, den zuerst esse ich gemütlich Frühstück. Ich habe ja Zeit, viel Zeit.

 

Und weil ich so viel Zeit habe, meide ich die hektischen Autobahn- und Hauptverkehrstrassen und verlasse Zürich auf ruhigen Quartierstrassen. Dafür stehe ich dann bereits oberhalb von Spreitenbach an einer Fahrverbotstafel, die mir die Weiterfahrt auf dem einspurigen Strässchen verwehrt. Das wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass ich spontan eine andere Route suchen muss.

 

Entspannt cruise ich durch die Juralandschaften der Kantone Aargau und Solothurn. Bei der Auffahrt zum Schelten Pass kurve ich um eine Kehre und sehe ein Motorrad auf der Strasse liegen und daneben ein winkender Biker. Ich halte und er erklärt mir etwas beschämt, dass ihm das Motorrad beim Wendeversuch umgekippt ist. Glücklicherweise ist ihm nichts passiert und so heben wir zu zweit seine Maschine auf und begutachten den Schaden. Ausser einem verbogenen Schalthebel sieht alles heil aus.

 

Mein erstes Abendquartier liegt im Jura kurz vor der französischen Grenze. Kaum steht die Maschine in der Garage der Wirtin beginnt es stark zu regnen.

 

Am Morgen ist das Wetterspiel gerade umgekehrt. Kaum verlasse ich die Garage, setzt der Regen wieder ein und er bleibt mir mehr oder weniger den ganzen Tag erhalten. Dafür weiss ich am Abend, dass meine Regenausrüstung immer noch dicht ist.

Mein Bed & Breakfast liegt am Fusse des Vercors Gebirge in einem Dörfchen mit kaum mehr als 10 Häuser und ohne weitere touristischen Einrichtungen. Die Betreiberfamilie offeriert deshalb seinen Gästen ein Nachtessen an ihrem Familientisch. Ich werde herzlich zu Tisch gebeten und sogleich in die Familiengespräche einbezogen, unberührt davon, dass mein Französisch doch stark eingerostet ist.

 

Als Fan des Vercors Gebirge führt mich meine Route natürlich durch dieses wilde Territorium. Als Zulage erhalte ich durch den morgendlichen Nebel eine mystische Stimmung durch die Gorge du Nan.

 

Ein weiterer Höhepunkt an diesem Tag ist der weiter südlich liegende Mont Ventoux, den ich schon lange überqueren möchte.

Wegen des wiedereinsetzenden Regens verschiebe ich die Passfahrt auf Morgen und suche mir einen Zeltplatz. Beim Einchecken meint die Platzwartin, ich könne mir einen Platz selbst aussuchen. Gut gemeint, nur steht der halbe Platz unter Wasser und die Trockenflecken sind durch Wohnmobile besetzt. Zwischen einigen Bäumen werde ich dann doch fündig und bin froh, dass ich nicht ausprobieren muss, ob mein Zelt auch schwimmfähig ist.

 

Die Nacht hindurch spielt mir der auf mein Zelt prasselnde Regen verschiedene Lieder vor. Wird der eigentlich nie heisser?

 

Vielleicht doch, denn am Morgen ist der Himmel wolkenlos und die ersten Sonnenstrahlen erleuchten die Regentropfen auf meiner Zeltplane.


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Eine Stunde später kämpft sich meine Enduro die letzten Meter zum Mont Ventoux hinauf. Die Aussicht hier oben ist gewaltig und wären da nicht die weit unten liegenden Nebelschwaden, könnte ich bis zum Mittelmeer sehen.

Wegen der Tour de France hat dieser Berg bei der Gemeinschaft der Rennfahrradfahrenden einen legendären Status. Entsprechend strampeln bei gutem Wetter täglich Hunderte auf diesen Berg.

Die Nordflanke ist dabei bedeutend steiler, als die südliche und erstaunlicherweise beliebter. Dazwischen tummeln sich Jogger*innen und Geher*innen. Hier läuft also immer was.

 

Die Aussichten in die anschliessenden Gorges de l'Ardeche, Gorge de Tarn und Gorge de la Jonte sind ebenfalls unvergesslich. Für den Wechsel in die jeweiligen Schluchten fand ich bei der Routenplanung kleine Bergsträsschen, die sich mir jetzt vor Ort als abenteuerliche Panoramastrassen präsentieren.


Bei Millau verlasse ich die Schluchtenlandschaften und werde vom gigantischen Viadukt de Millau empfangen, dass hoch oben über den Tarnn Fluss führt. Auf der Talfahrt dröhnen plötzlich Gruppen von alten Renault R4 die Serpentinen hoch, die alle Rally mässig angeschrieben sind. Etliche sind zusätzlich mit Dachscheinwerfern oder Wasserschnorchel ausgerüstet und teils farbig lackiert. Ich schaue dem Treiben etwas zu, wobei mir die Beifahrer*innen freudig zuwinken. Scheint ja eine lustige Truppe zu sein.

 

Tags darauf bläst mir ein heftiger Wind auf der aus den Felsen herausgeschlagenen Strasse durch die Gorges de la Galamus um den Helm. Ich muss mich richtig vorsehen, wo ich anhalte, damit es mich nicht gleich umwindet. Auch hier sind die Strassenführung und Aussicht in die Schlucht ein unvergessliches Erlebnis.

Abends erreiche ich die Pyrenäen und quartiere mich für die nächsten drei Tage in Le Boulou ein. Nach sechs Fahrtagen brauche ich eine Pause.

 

In den nächsten drei Wochen tummle ich hauptsächlich im spanischen Teil der Pyrenäen herum und erkunden diese Region vom Mittelmeer bis zum Atlantik. Hinzu werden meine Tagesdistanzen kürzer und die Ruhetage öfters. Ich habe ja Zeit, viel Zeit.



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