Mit dem Motorrad nach Georgien, Griechenland, Katerini, Olimpiaki Beach

Abrupter Reiseabbruch

Um 10.00 Uhr erreiche ich den KTM Dealer in Katerini, wo ich schon erwartet werde.  Hier war ich schon letztes Jahr für einen Check, weil die KTM damals am Morgen nicht starten wollte. Zelkas, der Inhaber und Mechaniker, leistete damals super Arbeit, weshalb ich jetzt gerne den Öl- und Kettensatzwechsel bei ihm mache.

 

Als er die Kette sieht, verdreht er ein wenig die Augen. Die ist wirklich völlig am Ende. Kein Wunder, hat sie doch während 38'000km das Hinterrad gedreht, was ein super Wert ist.

 

Kurz nach Mittag ist die KTM wieder fahrbereit und ich rolle in die Innenstadt von Katerini zum easywash self service. Mein Vorrat an frisch duftenden Kleidern ist auf null gesunken. Zeit also, eine Waschmaschine in Gang zu setzen. Easywash hält, was ihr Name verspricht und ich kann 45 Minuten später meine sauberen Klamotten aus der Maschine räumen. Zum Trocknen werde ich alles auf dem Balkon meiner Unterkunft aufhängen.

 

Die schmale Innenstadtstrasse führt mich in einen engen Kreisel mit hellgrauem abgefahrenen Teerbelag. Das könnte schliefrig sein, saust es mir durch den Kopf. Leider zu spät, den schon rutscht das Vorderrad weg und bringt mich zu Fall. Ich spüre, wie der Enduro Stiefel meines linken Beines den Boden berührt und mein Fuss eine kurze unnatürlich Drehbewegung nach aussen macht. Dann krachen das Lenkerende und ich auf den Boden auf.

 

Ich fühle sofort, dass etwas mit meinem linken Fuss nicht in Ordnung ist. Der laufende Motor der KTM und dass dadurch drehende Hinterrad beunruhigt aber noch mehr. Zum Glück liegt die Frontpartie der Maschine nur eine Armlänge weg von mir und ich kann die Zündung ausschalten. Dabei bemerke ich zwei heran rennende Personen.

 

Sie stellen die KTM auf und schieben sie auf den naheliegenden Gehweg. Ich versuche während dessen aufzustehen, was mir gelingt, aber mit einem unguten Gefühl. Also zurück auf den Boden und kriechend zum Gehsteig.

 

Einer meiner Helfer spricht Englisch und fragt, wie es mir geht. Ich deute auf meinen linken Fuss, der nach aussen wegkippt und erkläre ihm, dass vermutlich etwas gebrochen ist. Er fragt weiter, ob er den Rettungsdienst anrufen soll, was ich bejahe.

 

Ich fluche innerlich, das kann doch nicht sein. So ein Bagatell-Rutscher und jetzt etwas gebrochen. Zudem bin ich schon gefühlte tausend Mal über solche rutschigen Teerbeläge durch Kreisel und Kurven gefahren ohne irgendein Problem. Einfach nur Scheisse!

 

Es dauert eine Weile bis der Rettungsdienst auftaucht. Zwischenzeitlich erklärt mit der englisch sprechende Helfer, dass die Polizei automatisch durch den Rettungsdienst informiert wird und ebenfalls erscheinen wird.

 

Die beiden Sanitäter steigen aus dem Krankenauto und schauen mich etwas hilflos an. Es scheint, dass sie nicht so genau wissen, was sie machen sollen. Vermutlich, weil ich dasitze und nicht so aussehe, als ob ich verletzt sei. Ich deute auf meinen Fuss und mein Helfer übersetzt, dass er vermutlich gebrochen ist. Ich öffne währenddessen die Enduro Stiefel und ziehe sie langsam aus, was erstaunlich gut geht. Zu sehen ist nichts, ausser eben, dass der Fuss immer nach aussen kippt. Halte ich dagegen, reklamiert mein Körper mit einer Schmerzmeldung.

 

Immer noch mit einem ratlosen Gesichtsausdruck holen die Sanitäter die Liege aus dem Auto. Mein Helfer redet dazwischen intensiv auf mich ein, was ich mit dem Motorrad und meinen Sachen machen will, da ich diese nicht hier lasse könne, weil sonst spätestens in der Nacht alles geklaut wird. 

 

Das beunruhigt mich einiges mehr als mein Bruch, da ich im Moment nichts dagegen unternehmen kann. So heben als Vorsichtsmassnahme meine Helfer mein ganzes Gepäck von der KTM runter und laden alles ins Krankenauto ein. Zudem schliessen sie die Maschine mit dem Bremsschloss ab.

 

Danach hüpfe ich mit Hilfe der Sanitäter in den Wagen, die Liege haben sie nämlich in der Zwischenzeit wieder versorgt, und sitze auf den Notsitz. Sie beide steigen vorne ein und los gehts. Sehen kann ich sie und sie mich nicht, da zwischen der Führerraum und Krankenkabine eine Wand ist. 

 

Etwas nervös auf die Verhältnisse im Spital, werde ich in der Notaufnahme durch das professionelle Verhalten des ersten Arztes positiv überrascht. Schnell ist ein Röntgenbild erstellt, worauf die Fraktur gut ersichtlich ist.

Nichts kompliziertes, aber eben ein Knochenbruch. In der nächsten Abteilung erhalte ich einen Gips.

 

Während dessen taucht die Polizei auf. Sie kontrollieren meine Papiere und stellen einige Fragen zum Umfallhergang. Als sie merken, dass ich weder Drogen noch Alkohol konsumiert habe und der Unfall einfach Pech war, werden sie relaxter. Ich nutze dies und erwähne, dass mein Motorrad noch an der Unfallstelle steht mit dem Risiko gestohlen zu werden. Die eine Polizistin spricht gut Englisch und erklärt mir, dass ich mir keine Sorgen machen muss, da sie die KTM bereits abtransportiert hätten. Super - ein grosses Problem weniger.

 

Mittlerweile ist der Gips angelegt und der Arzt informiert mich, dass er mich ins Spital einweist, weil ich eine Operation benötige und diese frühestens am Dienstag ausgeführt werden kann. Ich stelle zwei drei Fragen zum Thema Rücktransport in die Schweiz, worauf der Arzt gar nicht positiv reagiert und mir eine Moralpredigt hält, dass ich selber schuld sei und Motorradfahren eben gefährlich sei blablabla. Ups, an Fragen sind sie sich hier wohl nicht gewohnt.

 

Sie quartieren mich in einem vierer Zimmer in der Orthopädie ein, wo der anwesende Stationspfleger etwas Deutsch spricht und mir alles erklärt. Ich habe Glück und die Station sieht sauber aus und es gibt geregelte Abläufe unter anderem auch drei Mahlzeiten pro Tag. 

 

Den verbleibenden Samstagnachmittag und den ganzen Sonntag organisiere ich mit der Reiseversicherung die schnellste Möglichkeit nach Hause transportiert zu werden, dass meine Sachen vom Hotel zu mir ins Spital gelangen und kläre ob der KTM Dealer mein Motorrad bei der Polizei abholt und bei sich lagert

 

Das klappt soweit alles gut, weil ich alle meine Notfallnummern sowohl im Handy als auch auf Papier immer mit dabeihabe. Zudem helfen mir die griechischen Besucher der anderen Kranken im Zimmer, die glücklicherweise entweder etwas Englisch oder Deutsch sprechen. Einzig die Kommunikation mit dem anwesenden Spitalarzt, derselbe, der mir den Gips angelegt hat, klappt gar nicht. Er weigert sich mit dem Arzt meiner Reiseversicherung zu sprechen respektive macht er sich unsichtbar und der Stationspfleger verweist darauf, dass erst am Montag das Büro wieder offen ist und der Direktor anwesend sei, der die Entlassungspapiere unterzeichnen müsse. Auf der anderen Seite weigert sich die Reiseversicherung einen Rücktransport zu organisieren ohne einen medizinischen Befund von einem Spitalarzt

 

Keine einfache Situation, die mich mehr beunruhigt, als mein Bruch.

 

Am Montag geht es dann endlich vorwärts und bei der morgendlichen Arztvisite, jetzt stehen plötzlich zehn Ärzte vor mir, geben sich alle relaxet und erklären mir, dass ich selbstverständlich sofort nach Hause reisen könne und ich sie gleich mit dem Versicherungsarzt verbinden kann.

 

Gesagt getan und so kann die Versicherung endlich meinen Rücktransport auf den Dienstmorgen organisieren. Ein Taxi bringt mich zum 1 1/2 Std weit entfernten Flughafen von Thessaloniki. Dort erwartet mich der Service für gehbehinderte Personen und ihm Flugzeug erhalte ich eine dreier Sitzbank, damit ich mein Bein hochlagern kann. Der Flug landet mittags in Basel und von dort werde ich mit einem Krankentransport nach Zürich ins Spital gebracht.

 

Bereits auf der Fahrt ins Zürcher Spital werde ich informiert, dass ich in eine Art Quarantäne komme, weil ich in einem ausländischen Spital stationiert war. Dies aus Sicherheitsgründen bis klar ist, dass ich keine multiresistente Keime mitbringe. Das diese Problematik schon so akut ist, war ich mir nicht bewusst. Das positive daran? Ich bin bis auf weiteres in einem Einzelzimmer einquartiert.

 

Für eine Operation ist meine Haut rund um das Fussgelenk noch zu stark geschwollen. Deshalb muss ich im Bett liegen und meinen Fuss über Herzhöhe lagern. Als Unterstützung wird mir ein Lymphdrainage Verband angelegt. Voraussichtlich am Montag 29. September 2019 sollte die OP möglich sein und drei bis fünf Tage später kann ich das Spital verlassen.

 

Die Operation ist gut verlaufen und zwei Wochen später sitze ich bereits in der Physio und bewege meine Fussgelenk. Sechs Wochen später stelle ich den Gips in die Ecke und mache täglich Gehübungen. So kann ich nach vier Monaten schon wieder ganz gut laufen. So plane ich Ende April 2020 die KTM in Griechenland abzuholen.


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