Argentinien mit dem Motorrad, Provin Jujuy, Salar Grande, Honda CRF300L,

Adios Argentinien

Bevor das lange Carneval Wochenende beginnt, möchte ich einen neuen Ersatzschlauch kaufen. Die Chancen einen zu bekommen, sind in Salta am besten. Deshalb mache ich mich heute Morgen mit Fränzi und Beni früh auf den Weg nach Salta, damit wir vor Mittag dort sind, weil samstags die meisten Geschäfte ab 13.00 Uhr schliessen.

 

Sie wollen ebenfalls vor dem langen Wochenende einen Stopp bei der Royal Enfield Garage in Salta einlegen, damit sie den Lenk Kopf nochmals kontrollieren, den die Werkstatt vor ein paar Tagen bei den Servicearbeiten an der Maschine vermutlich zu fest angezogen hat.

 

Purmamarca sehe ich mir in ein paar Tagen näher an, da ich hier nochmals vorbei komme.

 

Wir fahren um 07.00 Uhr bei Nebel, leichtem Regen und kühlen Temperaturen los. Was für ein Wetterumschwung gegenüber den letzten Wochen.

 

Die Route führt uns über eine schmale, mit Kurven bespickten Bergstrecke hinunter nach Salta. Bedingt durch den Nebel und dem dichten Wald ergeben sich jedoch keinerlei Weitblicke.

 

Ausser einem Tank- und Kaffeestopp legen wir kaum Pausen ein und erreichen die Royal Enfield Garage um 11.00 Uhr.

 

Fränzi hat der Werkstatt bereits über WhatsApp mitgeteilt, was das Problem ist. Der Mitarbeiter dreht deshalb mehrmals den Lenker hin und her und meint, dass sei alles normal und sollte es etwas fest sein, werde sich das mit der Zeit lösen.

 

Dass die Maschine bei langsamen Tempo nach links zieht, interessiert ihn nicht und wir merken, dass er keine Lust hast, sich effektive darum zu kümmern.

 

Er ist leider am längeren Hebel, weshalb Fränzi nicht darauf bestehen kann, dass der Mechaniker sich die Sache genauer ansieht oder der Mitarbeiter sagt, dass sie jetzt keine Zeit haben und sie die Maschine bis mindestens nächsten Mittwoch hier lassen muss.

 

Sie entscheidet sich deshalb so weiterzufahren, da die Maschine grundsätzlich fahrbar ist.

 

Bevor wir gehen, frage ich nach, ob sie Schläuche verkaufen. Er schüttelt den Kopf und schickt uns zu einem Reifenhändler einige hundert Meter weit entfernt.

 

Als wir dort ankommen, müssen wir feststellen, dass dies ein Autoreifenhändler ist und mir nicht weiterhelfen kann.

Da hat uns der Royal Enfield Mitarbeiter einfach loswerden wollen.

 

Beni weiss, wo es eine KTM-Garage gibt und wir fahren dorthin. Jedoch schüttelt hier der Verkäufer ebenfalls den Kopf, als ich nach einem Schlauch frage und schickt uns zum Dunlop Reifenhändler gleich nebenan.

 

Dieser will mir einen Reifen verkaufen, weshalb ich jetzt den Kopf schüttle und betone, dass ich einen Schlauch brauche.

 

Das Kopfschütteln geht weiter und er schickt uns zu einem anderen Reifenhändler ein paar Strassen weiter mit dem Hinweis, dass dieser sicher Motorradschläuche verkauft.

 

Und es stimmt, ich bekomme nach einer Stunde herumfahren einen neuen Schlauch.

 

Anschliessend kurven wir zum Hotel, wo Fränzi und Beni bereits vor einigen Tagen genächtigt haben und bekommen das letzte freie Zimmer, dass vier Betten und eine anständige Grösse für uns drei hat.

 

Am nächsten Tag verabschieden sich die beiden und fahren weiter nach Süden. Ende März geht für sie in San Antonio / Chile mit der Abgabe ihrer Motorräder für die Verschiffung zurück nach Hamburg zu Ende.

 

Ich bleibe zwei weitere Nächte in Salta und treffe mich am letzten Abend mit Henning, Mang und Christian.

 

Henning und Mang habe ich auf einem Parkplatz im Südargentinien kennengelernt und da sie zeitgleich mit Christian, mit ihm bin ich ab San Rafael einige Tage unterwegs gewesen, über den San Francisco Pass führen,  habe ich sie verlinkt.

 

Seither sind sie zusammen unterwegs und waren die letzten drei Tage mit einem Mietauto zu den Foz de Iguazu Wasserfällen unterwegs. Die lange Anfahrt von über 1'500km wollten sie nicht mit den Motorrädern unternehmen.


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Nach zwei Tagen faulenzen ruft die Honda, weil es ihr auf dem Parkplatz langweilig wird.

 

Ich packe deshalb meine sieben Sachen zusammen und steure die Enduro in Richtung Anden, wo weit oben die Siedlung San Antonio de los Cobres liegt.

 

Die geteerte Strasse folgt dem Rio Rosario und später dem Rio Tastil und weist die üblichen, meist geschotterten Wasserfurten auf, die jedoch kaum Wasser führen.

 

Ferne folgt dieser Strecke der bekannte Touristenzug Tren a las Nubes, der in Salta startet und die Gäste bis zum Viadukt Polvorilla, welches auf 4'220 Metern liegt, hinauffährt.

 

Unter diesem Viadukt verläuft die geschotterte Routa 40 hindurch, die ich am nächsten Tag befahren möchte.

 

In der Ortschaft Campo Quijano halte ich kurz an der alten Bahnhofstation, wo eine Dampflokomotive ausgestellt ist.

 

Kurz darauf erscheint das erste Bahnviadukt über den Rio Rosario und der Strasse.

 

Obwohl der Tren de las Nubes hier rüberfährt, ist das Viadukt für Fussgänger / Besucher begehbar.

 

Über einen steilen Fussweg gelange ich hinauf zu den Geleisen und danach auf das Viadukt. Einmalig und bei uns unmöglich.

 

Es folgen weitere Viadukte, die jedoch abseits der Strasse weit oben dem Bergkamm entlang verlaufen.

 

Je höher die Strasse in die Anden steigt, je kahler wird die Umgebung und je heftiger wird der Wind und die Passhöhe einige Kilometer vor der Siedlung liegt erneut über 4'000 Meter.

 

Bald darauf tuckere ich in San Antonio des los Cobres ein und halte beim Gasthaus, welches ich über Google Maps gefunden habe.

 

Ich trete ein und habe gleich die ganze Familie vor mir, die an einem grossen Tisch zu Mittag ist.

 

Der Hausherr steht auf und fragt mich, was ich möchte. Ich frage nach einem Zimmer, worauf er mit antwortet, dass wegen dem Carneval alles belegt ist.

 

Schöner Mist, dachte ich doch, dass der ab heute mit dem letzten Feiertag beendet ist.

 

Ich frage ihn nach einer anderen Unterkunft, worauf er mit einer Armbewegung die Strasse hinauf zeigt und Hotel Madrid erwähnt.

Wie schon beim Schlauch muss ich leider erneut feststellen, dass er mich einfach loswerden wollte, da es kein Hotel Madrid die Strasse hinauf gibt.

 

Zum Glück habe ich über meine lokale SIM Karte Internetempfang und kann über Google Maps nach weiteren Unterkünften suchen.

 

Ich fahre also zur Nächsten, wo mir mitgeteilt wird, dass sie geschlossen haben. Auch sie verweisen mich an eine Unterkunft, die es zwar gibt, aber verbarrikadiert ist.

 

Eine weitere Unterkunft ist ebenfalls voll belegt. Danach habe ich genug vom Rumsuchen und fahre zum einzigen Hotel im Dorf.

 

Das wurde extra für die Gäste des Tren de las Nubes errichtet und sieht alles andere als billig aus.

 

Fragen kostet jedoch nichts und als ich eintrete werde ich freundlich begrüsst.

 

Es ist sogar ein Zimmer frei und der Preis liegt bei CHF 80.00. Puuh, was für ein Unterschied zu den Gasthauspreisen, die immer zwischen CHF 10.00 bis CHF 20.00 liegen.

 

Ich frage nach einem Discount, weil ich bar bezahle, worauf der Preis auf CHF 70.00 sinkt.

 

Ich erwidere, dass dies immer noch recht teuer sei, worauf er mir den Schlusspreis von CHF 60.00 nennt.

 

Tiefer bringe ich den Preis nicht mehr. Zudem sind weitere Gäste reingekommen, die ein Zimmer suchen.

 

Somit buche ich das teuerste Zimmer der letzten fünf Monate, was jedoch meine bis anhin günstigen Reisekosten in Argentinien kaum belastet.

 

Nach einer angenehmen warmen Dusche schlendere ich ein wenig durch die staubigen Dorfstrassen und esse einen leckeren Eintopf in einem der wenigen Restaurants.

 

Dazwischen höre ich immer wieder Carneval Musik. Auf dem Weg zurück ins Hotel begegnet mir dann eine  Musikgruppe, welche verkleidete Teufel begleiten.

 

Wieder im Hotel bestelle ich einen Kaffee und bemerke, wie meine Kopfschmerzen stärker werden.

 

Die Höhe von 3'800 Metern macht sich bemerkbar, trotz meiner guten Akklimatisierung der letzten zwei Wochen, die ich mehrheitlich zwischen 2'500 und 3'000 Meter verbracht habe. 


Die dünne Luft und die daraus entstehenden Kopfschmerzen halten mich die halbe Nacht wach.

 

Entsprechend verschiebe ich mich gerädert zum Frühstück und vertilge die drei weissen Brötchen, die auf meinen Teller warten. Runterspülen tue ich sie mit einem heissen Milchkaffee.

 

Langsam verschiebe ich mich mit meinem Gepäck zur Honda und belade sie. Dabei geht mir öfters die Luft aus, weil der normale Atmungsrhythmus hier oben zu wenig Sauerstoff bringt und ich bewusst mehr und tiefer Luft holen sollte.

 

Bevor es losgeht, schlucke ich eine Irfen Tablette, die gegen Kopfschmerzen und andere Beschwerden in der Höhe helfen sollen.

 

Ich starte den Motor, der sauber anspringt, aber dann gleich wieder ausgeht.

 

Beim zweiten Versuch will er nicht mehr starten und auch beim dritten und vierten nicht.

 

Hört sich an, als ob der Motor abgesoffen wäre, was eigentlich bei einem Einspritzsystem nicht der Fall sein sollte.

 

Ich warte 10 Minuten und versuche es nochmals. Jetzt springt sie knapp an und läuft erst sauber als ich am Gashahn drehe und den Motor auf Touren halte.

 

Es scheint, dass der Honda Motor heute Morgen ebenfalls seine Mühe mit der Höhe hat.

 

Als der Motor sauber im Standgas läuft, breche ich auf.

 

Mein Ziel ist über die geschotterte Routa 40 die 130km weit entfernte Siedlung Susques zu erreichen, die an der geteerten Passstrasse nach Chile liegt.

 

Die ersten paar Kilometer verläuft meine Route auf der Piste, die den weit oben in den Anden liegenden Minen als Zufahrtsstrasse dient.

 

Deshalb verlasse ich San Antonio de los Cobres eingeklemmt zwischen zwei grossen Lastwagen, die mich erbarmungslos einnebeln.

 

Zudem ist der Zustand der Piste miserabel, weil die Wellblechbildung durch die Lastwagen enorm ist.

 

Nachdem ich genug Staub geschluckt und eingeatmet habe, biegt die Route 40 endlich nach rechts ab, wo ich als erstes anhalte und mein Visier von der Staubschicht befreie.

 

Wieder klarsehend holpere ich über die Piste hinauf zum Viadukt des Tren de las Nubes auf 4'200 Meter.

Meine Kopfschmerzen sind durch die Irfen Tablette soweit abgeklungen, dass ich das Gerüttle auf der Piste gut vertrage.

 

Beim Viadukt gibt es eine Aussichtsplattform, die oben bei den Geleisen liegt. Diese Abzweigung interessiert mich jedoch nicht, da ich auf der 40 weiterfahren will. Deshalb verläuft meine Route unten durch das Viadukt hindurch.

 

Natürlich halte ich an und bestaune das Kunstwerk, das einsam vor mir liegt. Ausser mir sehe ich nämlich weit und breit niemanden.

 

Ab hier verläuft die Schotterpiste einige Kilometer in oder neben dem Bachbett. Glücklicherweise hat es in den letzten Tagen kaum geregnet, weshalb ich gut durch kommen.

 

Es geht hinauf bis auf 4'600 Meter, wo ich über eine Ebene entlang des imposanten Vulkan Tuzgle rolle.

 

Weiter bringt mich die Piste durch eine Schlucht, in der überall kleine und grosse Felsbrocken herumliegen. Sieht so aus als ob einige Riesen mit den Felsbrocken ein Werfen veranstaltet hätten.

 

Danach holpere ich hinaus in eine weite Ebene, in der zwei abgeschiedene Siedlungen auf meiner Strecke liegen.

 

Damit es mir beim Fahren nicht langweilig wird, verläuft die Strasse regelmässig durch Wasserfurten, die zwar ohne Wasser sind, dafür mal kürzere und mal längere Sandabschnitte aufweisen.

 

Einige Kilometer vor meinem Tagesziel wird es wieder hügelig und ich komme mir vor wie auf einer Achterbahn, die bei der Teerstrasse endet.

 

Der wenige Schlaf der letzten Nacht kratzt an meinen Kräften und ich bin froh, als ich in Susques von meiner Honda auf dem Parkplatz meiner Unterkunft absteige.

 

Nach dem Einchecken ergebe ich mich einer längeren Siesta, wobei ich einschlafe und erst kurz vor dem Nachtessen wieder erwache.

 

Jetzt fühle ich mich um einiges besser und mein murrender Magen ruft «Raus aus dem Bett und Essen bestellen»

 

Die Besitzerin klärt mich über die drei möglichen Menüs auf und ich entscheide mich für die mit Spinat gefüllten Cannelloni.

 

Eine Viertelstunde später schlemmere ich die mit Käse bestreuten Cannelloni und bin positiv überrascht, wie lecker diese der oder die Köchin mit Gewürzen verfeinerte.


Auch Susques liegt auf 3'650 Metern. Meine Kopfschmerzen sind jedoch ohne weitere Irfen Tabletten verschwunden und geschlafen habe ich auch besser.

 

Zahlt sich meine Höhenakklimation der letzten Tage doch noch aus.

 

Beim Frühstück komme ich mit Teo und Sergio ins Gespräch, zwei Motorradfahrende aus Buenos Aires.

 

Wir haben heute den gleichen Weg nach Purmamarca und werden uns sicher bei dem einen oder anderen Aussichtspunkt erneut begegnen.

 

Von Susques könnte ich auf direktem Wege über eine gut ausgebaute Teerstrasse nach San Pedro de Atacama in Chile düsen. Ich möchte jedoch zuerst noch den grössten Salzsee von Argentinien besuchen und die Bergstrecke hinunter nach Purmamarca fahren.

 

Das ist zwar die umgekehrte Richtung und ich muss die ganze Strecke wieder zurückfahren, es sollte sich jedoch lohnen.

 

Benzin habe ich genügend, weshalb ich die verlottert aussehende Tankstelle im Dorf nicht aufsuchen muss.

 

Drei Kurven später rolle ich auf der Teerstrasse in Richtung Salina Grande, den ich eine Stunde später bereits erreiche.

 

Der Farbkontrast von der grünen, braunen Landschaft zu dem riesigen schneeweissen Salzsee ist krass. Dies kommt noch mehr zur Geltung, weil die Teerstrasse mitten durch die Salzpfanne verläuft

 

Von gelesenen Berichten weiss ich, dass das Befahren des Salzsees nur gegen eine Gebühr möglich ist. Jedoch fahre ich an einem Gittertor vorbei, welches geöffnet ist.

 

Ich halte an und schiesse zuerst ein paar Fotos von der Strasse aus. Dabei höre ich zwei Motorräder näherkommen. Es sind Teo und Sergio vom Hotel.

 

Auch sie sehen das offene Tor und halten an. Wir plaudern ein wenig über die Schönheit der Landschaft und fahren dann zusammen durch das Gatter ein kleines Stück auf den Salzsee.

 

Teilweise ist das Salz nass, weshalb wir nur einige Meter hinaus fahren, weil sonst die Motorräder voll mit Salz werden, was den Maschine sicher nicht gut tut.

 

Die Perspektive vom Stand auf dem See ist nochmals eindrücklicher als von der Teerstrasse aus. Wir machen einige Fotos und geniessen den Augenblick.

 

Zwei weitere Motorräder rollen daher und sehen uns auf dem See. Sie biegen ebenfalls durch das Tor zu uns ab und.

 

Es sind zwei Brasilianer, die freudig absteigen und sofort die Handys für ihre Fotos zücken.

 

Unsere fünf Motorräder fallen auf dem See auf, weshalb ein Auto anrollt, und ein Salzarbeiter aussteigt. 

Er winkt uns zu und gibt uns zu verstehen, dass wir wieder auf die Teerstrasse zurück müssen. 

 

Wir steigen auf und fahren zurück auf die Strasse. Danach schliesst er das Tor hinter uns. Mit dem offenen Gatter haben wir Glück gehabt. 

 

Teo und Sergio fahren weiter, während ich noch ein wenig die Landschaft bestaune.

 

Danach bringe ich die Honda ebenfalls in Bewegung und fahre langsam weiter. In der Mitte kreuze ich auf der einen Seite unzählige Souvenir Shops, die Artikel aus Salz verkaufen und auf der anderen Seite befindet sich eine Salzsammelanlage, von welcher mit Lastwagen das gewonnen weisse Pulver abtransportieren. Der Salzsee wird also rege genutzt.

 

Ich lasse die weisse Ebene hinter mir und erklimme mit der Honda den auf 4'170 Meter hohen Lipan Pass.

 

Kurz nach der Passhöhe verläuft die Strecke über viele Kehren steil hinunter durch die Cuesta de Lipan bis ins knapp 2'000 Meter tiefer liegende Purmamarca.

 

Je näher ich der Ortschaft komme, je bizarrer und farbiger werden die Felsformationen. Unglaublich, was die Natur für Formen und Farben kreiert.

 

In Purmamarca angekommen, spaziere ich durch die touristisch geprägte Dorfstrassen und erblicke dabei eine Suzuki V-Strom mit dem gleichen Gepäcksystem von Mosko Moto wie ich eines benutze

 

Das Kennzeichen ist aus Kalifornien und ich bleibe ein paar Minuten stehen, weil ich davon ausgehe, dass der oder die Fahrerin bald auftaucht, weil niemand seine Maschine mit Gepäck so ausgestellt stehen lässt.

 

Ich muss keine Minuten warten taucht der Fahrer auf. Ich stelle mich vor und erzähle ihm, dass ich auch mit einem Motorrad unterwegs bin.

 

Wir verabreden uns spontan zum Nachtessen und treffen uns zwei Stunden später beim Pizzabäcker, bei dem ich schon vor einer Woche eine feine Pizza a la Italiana gegessen habe.

 

Ian ist im letzten Oktober in San Franzisco gestartet und möchte noch vor dem Winter bis nach Ushuaia fahren.

 

Er fährt mehrheitlich auf Teerstrassen, weshalb sein Tempo viel höher ist als meines, und sollte es dadurch noch schaffen.

 

Durch Peru, wo immer noch Strassenblockaden und Unruhen in etlichen Gebieten vorkommen, ist er ausschliesslich auf der Panamericana gefahren, was kein Problem war.

 

Gut zu wissen, falls bei meiner Reise durch Peru die Situation immer noch schwierig ist. 


Heute fahre ich meine letzte Strecke in Argentinien. Nach insgesamt drei Monaten verlasse ich dieses Land der Extreme und vielen positiven Überraschungen. Und wer weiss, vielleicht komme ich eines Tages zurück, denn es gäbe noch viel zu erkunden.

 

Erneut ist der Himmel über Purmamarca bedeckt und eine frische Brise bläst durch die Ortschaft.

 

Meine Winterausrüstung verstaue ich deshalb zuoberst in meinem Gepäck, da ich sie heute vermutlich brauchen werde.

 

Nach dem Frühstück brummt die Honda auf und meine Fahrt zurück auf den 4'000 Meter hohen Lipan Pass beginnt.

 

Einige Höhenmeter später hängt der Nebel über der Strasse und trübt den Blick in die Bergwelt. Von der gestrigen Fahrt weiss ich jedoch, wie diese Aussieht.

 

An einem der Aussichtspunkte ziehe ich mir eine erste Winterschicht über, weil die Temperaturen lediglich noch 5 Grad sind.

 

Hinter der Passhöhe drückt die Sonne den Nebel beiseite und als ich beim Salina Grande ankommen, dominiert bereits wieder der blaue Himmel.

 

Einige Fotos später brause ich in Richtung Susques, dass ich nach einer Stunde erreiche.

 

Meine Fahrt verläuft weiter hinauf zum Salar de Olaroz, der ebenfalls riesig ist. Bald darauf taucht linkerhand die Laguna Ana auf.

 

Bereits zeigt mein Navi wieder eine Höhe von 4'200 Meter an und der Paso Jama, wo die Grenze zwischen Argentinien und Chile liegt, ist nicht mehr weit.

 

Auf der linken Strassenseite kann ich von Weitem ein Motorrad erkennen und eine Person, die daneben steht.

 

Ich verlangsame mein Tempo und halte an als ich sehe, dass etwas nicht stimmt.

 

Wir begrüssen uns und der Biker fängt sofort an mich mit schnellem Spanisch einzudecken. Gepaart mit dem brausenden Wind und meinem Helm über den Ohren verstehe nicht viel davon.

 

Als ich ihm sage, dass er bitte etwas langsamer sprechen soll, lacht er und entschuldigt sich. Er fragt, woher ich komme, und erzählt mich danach, dass er Argentinier sei, aber schon lange in Spanien lebt.

 

Der Motor seines Motorrades hat plötzlich abgestellt. Er  kann es zwar wieder starten, aber sobald er losfährt, stirbt der Motor nach ein paar Metern ab.

 

Er will es mir vorführen, startet den Motor, legt den ersten Gang rein und fährt los. Ausser dass der Motor normal aufdreht, passiert jedoch nichts.

 

Er fährt einige hundert Meter vorwärts und kommt wieder zurück.

 

Mit skeptischem Blick stellt er den Motor ab und ist logischerweise verunsichert, weil er nicht weiss, was das Problem ist.

 

Wir diskutieren über mögliche Ursachen, wobei er mir erzählt, dass er vor ein paar Tagen auf dem Uyuni Salzsee in Bolivien mit dem Motorrad ein grosse Runde gedreht hat.

 

Er hätte das Bike nachher waschen lassen, jedoch könne er sehen, dass unter dem Tank noch viele Stellen mit Salz beschichtet sind.

 

Zudem stellt sich heraus, dass wegen der Regenzeit der Uyuni mit Wasser bedeckt war und er ebenfalls durch diese Salzsuppe gefahren ist.

 

Das könnte der Elektronik seines Motorrades arg zugesetzt haben und jetzt die Probleme verursachen.

 

Wissen tuen wir das beide aber nicht und er ist nun in der misslichen Lage entscheiden zu müssen, ob er zurück zum Grenzposten Jama fährt, wo es eine 24h Tankstelle mit Restaurant gibt, und er Hilfe anfordern kann, oder ob er auf Risiko weiterfährt in der Hoffnung, dass das Problem nicht mehr auftritt.

 

Ich biete ihm an, dass wenn er zurück zur Tankstelle möchte, wir zusammen fahren können. Er bedankt sich und meint, er müsse es sich überlegen und ich solle ruhig weiterfahren.

 

Wir verabschieden uns und kurz darauf biege ich zur Tankstelle ab und genehmige mir zuerst einen Kaffee und einen kleinen Happen zu essen.

 

Nach einer Viertelstunde ist vom Biker noch nichts zu sehen woraus ich schliesse, dass er sich für die Weiterfahrt entschieden hat. Ich hoffe für ihn, dass es funktioniert hat.

 

Nach dem Tankfüllen rolle ich zum Grenzposten, der lediglich 500 Meter nach der Tankstelle steht.

Leider fährt zeitgleich mit mir ein grosser Bus vor und entlässt eine Ladung Touristen, die ebenfalls ins Zoll Büro stürmen und alle Schalter belagern.

 

Trotz des Chaos verläuft die Ausreise aus Argentinien für einmal schnell und unbürokratisch.

 

Dafür stehe ich danach in einer langen Kolonne für die Einreise nach Chile, die im gleichen Gebäude ihre Schalter haben.

 

Nach einer halben Stunde bin ich dran und bekomme meinen Einreisestempel und die Touristenkarte zügig.

 

Beim Schalter für die temporäre Einfuhr für die Honda fragt mich die Zollbeamtin, ob ich früher mit einem anderen Motorrad eingereist sei, weil dieses gemäss ihrem Computersystem immer noch in Chile sei.

 

Ich verneine und versichere ihr, dass ich nur dieses Motorrad besitze und alle Ein- und Ausreisen mit der Honda gemacht habe.

 

Ihrem Blick zufolge merke ich, dass sie mir misstraut. Trotzdem sage ich nichts weiter dazu, weil gemäss meinen Erfahrungen es am Zoll besser ist, nur die Fragen der Beamten zu beantworten und keine Rechtfertigungen oder andere Bekundungen abzugeben.

 

Sie bearbeitet meine Papiere und fragt mich zwischendurch noch zwei Mal, ob ich nicht doch mit einem anderen Motorrad eingereist sei, was ich jedes Mal verneine und anmerke, dass ich lediglich die Honda besitze.

 

Schlussendlich bekomme ich das Dokument für die temporäre Einfuhr mit dem Hinweis der Beamtin, dass ich bei der nächsten Ausreise unbedingt darauf achten soll, dass mein Motorrad ausgeführt wird. Wie ich das anstellen soll, weiss ich jedoch nicht, da ich keinen Einfluss darauf habe, was die Zollbeamten in ihrem Computer eingeben.

 

Danach fülle ich das Dokument für die Einfuhr von Lebensmittel und Geld aus und warte am Schalter auf den zuständigen Zollbeamten.

 

Nach einer Weile taucht dieser auf und nimmt mein Papier entgegen und meint, ich soll schon mal zum Motorrad gehe, er komme bald.

 

Einige Minuten später taucht er mit der Zollbeamtin der temporären Einfuhr der Honda auf. Sie wirft einen Blick auf mein Nummernschild und ist sichtlich beruhigt, dass alles stimmt.

 

Anschliessend muss ich für den Beamten meine Gepäckstasche öffnen und nachdem er einen kurzen Blick hineingeworfen hat, bekomme ich den Laufzettel von ihm, auf dem alle Stempel der verschiedenen Schalterabwicklungen drauf hat.

 

Eine Weiterfahrt ist nur mit der Abgabe dieses Laufzettels bei der Kontrolle beim Ausgang des Zollgeländes möglich.

 

Das verläuft problemlos und der Beamte wirft nicht einmal einen Blick darauf. 

 

Ich drehe am Gasgriff und rufe Adios Argentinien

 

Unterdessen hat der Wind einiges aufgedreht und pfeift mir heftig entgegen oder versucht mich von der Strasse zu drücken. Wie im Süden so auch im Norden.

 

Zudem steigt die Strasse teilweise stark an und bringt mich hinauf bis auf 4'836 Meter, was ein neuer Höhenrekord für mich bedeutet.

 

Der Hondamotor erreicht auf diesem Abschnitt zum ersten Mal auf meiner Reise spürbar sein Limit.

 

Die Höhe, der stürmische Wind und die starke Steigung lassen die knapp 30 PS im Nichts verpuffen und ich kann lediglich im 2. Gang mit 40km/h fahren.

 

Stören tut es mich nicht, weil dies die vielen von mir geschätzten positiven Aspekte der Maschine nicht beeinträchtigen kann.

 

Die Landschaft in dieser luftigen Höhe ist kahl und wird von einigen imposanten Vulkanen dominiert. Dazwischen erscheint die tiefblaue Laguna Pacana Caldera

 

Ungefähr 50km vor San Pedro de Atacama verläuft die Strasse nahe der bolivianischen Grenze entlang und gibt den Blick frei in den dortigen Nationalpark Fauna Andina Eduardo Avaroa.

 

Unweit davon entfernt passiere ich das auf 4'600 Meter liegende chilenische Zollgebäude für die Ausreise auf die Lagunen Route, die von hier quer durch den unbesiedelten bolivianischen Nationalpark bis zum Salzsee Uyuni führt.

 

Ab hier weisst die Strasse ein starkes Gefälle auf und bringt mich innert 45 Km hinunter auf 2'400 Meter bis nach San Pedro de Atacama.

 

Auf der gesamten Abfahrt thront der 6'000 Meter hohe Vulkan Licancabur mit seiner schneebedeckten Spitze neben mir. Was für ein gigantischer Naturschornstein.



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