Ecuador mit dem Motorrad, Honda CRF 300L, Kaffeeregion, Eje Cafetero, Weitsicht auf Kaffeeplantagen

Eje Cafetero - unterwegs in der Kaffeeregion

Meine Unterkunft liegt am Rande der Altstadt, und ich muss lediglich eine Fußgängerbrücke überqueren, um mittendrin zu stehen. Die weiße Innenstadt ist heute am Nationalfeiertag wie ausgestorben. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits kann ich ohne anzustehen Geld aus dem Bankautomaten beziehen. Andererseits muss ich um einige Häuserblocks herumgehen, bis ich ein Café und später ein Restaurant finde. Bevor es jedoch einen Kaffee genehmige, spaziere ich durch die verlassenen weißen Gassen. Am frühen Nachmittag stehe ich wieder vor dem offenen Café und bestelle mir einen Cappuccino. Da höre ich hinter mir Schweizerdeutsch. Als ich mich umdrehe, stehen zwei jüngere Männer hinter mir und diskutieren darüber, wie lange sie jetzt nach einem offenen Restaurant gesucht haben. Ich spreche sie an, stelle mich vor und frage sie, ob sie sich zu mir an den Tisch setzen wollen. Sie nicken, bestellen an der Theke und kommen danach zu mir rüber. Es sind zwei Medizinstudenten, die in Bern studieren und seit dem Studium schon einige Reisen zusammen unternommen haben. In Kolumbien sind sie während fünf Wochen unterwegs. Wir plaudern, plaudern und plaudern und stellen irgendwann erstaunt fest, dass wir schon drei Stunden hier sitzen. Wir verabschieden uns, weil sie zurück ins Hotel müssen, um zu packen und ihren Bus für morgen nach Cali zu buchen. Ich marschiere einen Häuserblock weiter zum Restaurant, das zum Glück noch offen hat, und bestelle meine erste richtige Mahlzeit heute. Gut genährt bewege ich mich anschließend in meine Unterkunft und schlafe bald ein.

 

Heute klingelt für einmal mein Handywecker, weil ich um 08:00 Uhr bei Ladenöffnung beim Honda-Händler sein möchte. So habe ich die Chance, dass sie die Arbeiten an der Enduro heute ausführen und ich morgen weiterfahren kann. Ich halte vor der Werkstatteinfahrt, wo ein Angestellter mit einem anderen Motorradfahrer spricht. Als er mich sieht, kommt er zu mir rüber. Wir begrüßen uns, und ich erkläre ihm, dass einige Servicearbeiten an der Honda gemacht werden müssen, ich das gesamte Material dabeihabe, und jetzt sie fragen möchte, ob sie die Arbeiten ausführen können.

Er bittet mich einen Augenblick zu warten und kommt kurz darauf mit dem Werkstattchef heraus. Diesem erkläre ich nochmals das Gleiche. Er nickt freundlich und meint, wenn ich wirklich alles Material dabeihabe, dann könne ich gleich in die Werkstatt reinfahren. Kostenpunkt COP 100'000.00, was ungefähr Fr. 21.00 sind. Was für ein günstiger Preis für das Wechseln der Kette inklusive vorderer und hinterer Ritzel, vordere Bremsbeläge und Ölwechsel. Das Öl muss ich für weitere Fr. 20.00 in ihrem Shop kaufen. Ich bekomme dafür das Original Öl von Honda. Ich fahre hinein, steige ab, krame die Neuteile hervor und gebe sie dem Mechaniker, der meine Honda bereits auf die Hebebühne schiebt. Ich frage ihn, ob er das Verschließsystem des vorderen Ritzels kenne. Er nickt und zeigt mir mit einer Handbewegung, wie das Sicherungsblättchen richtig montiert wird. Gut, er versteht was von seinem Handwerk. Der Werkstattchef bietet mir am Tisch in der Werkstatt einen Kaffee an, wo ein anderer Biker ebenfalls auf seine Maschine wartet. Mit ihm komme ich rasch ins Gespräch und erfahre einiges über das Alltagsleben in Kolumbien. Dabei vergesse ich für einmal vollkommen, Fotos von der Werkstatt zu machen. Zwei Stunden später bekomme ich die Honda zurück, bezahle die Rechnung und fahre die wenigen Kilometer zurück ins Hotel. Dort kontrolliere ich als erstes die Arbeit und stelle fest, der Mechaniker hat wirklich gute Arbeit geleistet.

 

Wieder im Zimmer bekomme ich von Wolfgang und Bee, die ich in der Finca Sommerwind kennengelernt habe, eine Nachricht. Sie haben meinen Facebook-Post meines gestern veröffentlichten Reiseberichtes gesehen und fragen, ob ich noch in Popayan sei und wenn ja, ob wir uns treffen wollen, da sie ebenfalls hier sind. Und so sitze ich eine halbe Stunde später mit ihnen zusammen bei einem späten Frühstück. Sie verbrachten nämlich ihren ganzen Morgen mit Anstehen für eine neue Versicherung. Den Rest des Tages erkunde ich ein weiteres Mal die Altstadt, relaxe anschließend im Zimmer und plane meine morgige Weiterfahrt.


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Mein nächstes Ziel ist die Kaffee-Region. Dahin sind es ungefähr 200 Kilometer. Außer der Panamericana verlaufen lediglich einige kleine Schotterpisten kreuz und quer durch die Landschaft. Ich entschließe mich deshalb, auf dem schnellsten Weg die Strecke zurückzulegen. Landschaftlich ist das kein Leckerbissen. Dafür gibt es viel Schwerverkehr und etliche Militärkontrollen, wo ich zum Glück überall durchgewunken werde. Am Straßenrand tauchen immer wieder Menschen aus Venezuela auf, die mit Sack und Pack der Panamericana entlang nach Süden marschieren. Traurige Bilder.

 

Am frühen Nachmittag treffe ich in Buga ein, dass schon etliche Kilometer weiter nördlich von Cali liegt. Die Ortschaft ist bekannt wegen ihrer riesigen Kathedrale, die viele Menschen aus Kolumbien anzieht. Meine über Booking.com reservierte Unterkunft finde ich auf Anhieb. Sie sieht nicht wie ein normales Hotel aus, sondern eher wie ein Bed & Breakfast. Ich klingele an der Haustür. Als nichts passiert, klingele ich nochmals und dieses Mal etwas länger. Wieder tut sich nichts. Ich krame mein Handy hervor und rufe via WhatsApp die Telefonnummer an, die auf der Booking.com Reservierung steht. Nach 20 Klingelzeichen lege ich auf und schicke eine Nachricht hinterher, dass ich vor der Tür stehe.

Leider fruchtet das alles nichts. Ich schaue auf die Uhr. Nun gut, ich bin mit 14:30 eine halbe Stunde zu früh dran, als die Check-In Zeit vorgibt. Ich setze mich deshalb auf den Bürgersteig und versuche während der nächsten halben Stunde erneut einige Male anzurufen. Um 15:00 habe ich genug und schreibe eine letzte Nachricht, dass meine Buchung hinfällig ist, da niemand anwesend ist. So kann ich meine Nachrichten und Anrufe gegenüber Booking.com nachweisen, sollten Fragen auftauchen.

 

Ich suche mir ein anderes Hotel heraus und fahre dahin. Dort bekomme ich sofort ein Zimmer, und die Honda darf wieder einmal ins Hotel hineinfahren, an der Rezeption vorbei in einen angrenzenden großen Raum, der wahrscheinlich normalerweise für Veranstaltungen genutzt wird. Ich mache mich etwas frisch und erkunde anschließend die lebendige Innenstadt mit der riesigen Kathedrale. Beim Essen trudelt vom Bed & Breakfast eine Nachricht herein mit der Info, dass sie sich entschuldigen, ich jedoch bei meiner Buchung nicht angegeben hätte, wann ich ankomme. Deshalb sei niemand anwesend gewesen. Scheinbar sind sie nicht aufs Geldverdienen angewiesen, wenn sie solche Entschuldigungen vorbringen.


Nach weiteren 70 Kilometern auf der Panamericana ist Schluss mit Schnellstraßenfahren. Ich biege ab und kurve hinauf in die Hügel der kolumbianischen Kaffee-Region. Je höher die Straße steigt, desto mehr Ausblicke bekomme ich auf die umliegende grüne Landschaft. Etliche Ortsnamen wie Andalucia, Sevilla, Barcelona oder Genova kommen mir ziemlich bekannt vor. Das kolumbianische Sevilla sieht jedoch nicht mal im Entferntesten wie Sevilla in Spanien aus, und Genova ist in Kolumbien ein abgelegenes Bergdorf, und genau zu diesem zieht es mich hin. Nachdem ich Sevilla hinter mir gelassen habe, gelange ich zur Kreuzung nach Genova. Eine 25 km lange Stichstraße führt mich über unzählige Kurven in das beschauliche Dörfchen. Mitten auf dem Dorfplatz gibt es ein kleines Café, wo ich eine Pause einlege. Von hier führt eine 25 km lange, wenig befahrene Schotterpiste ins nächste beschauliche Dörfchen mit dem Namen Pijao, wo ich heute übernachten möchte. An der Kreuzung zur Schotterpiste treffe ich auf einige Straßenarbeiter. Ich frage nach, ob sie etwas über die Piste wissen. Ganz alles verstehe ich nicht, aber dass die Piste offen ist und mit einem Motorrad kein Problem sei, höre ich heraus. Also probiere ich es. Komme ich nicht durch, kann ich jederzeit umdrehen und über die Teerstraße eine Schlaufe fahren, um nach Pijao zu gelangen. Dass nicht viel Verkehr über die Schotterverbindung rollt, wird schnell klar.

Zu steil sind die Anstiege, zu groß die Löcher, zu ausgewaschen die Regenrinnen und zu schmal das Sträßchen. Mit der agilen Honda alles in allem keine allzu große Herausforderung, obwohl ich zweimal in den ersten Gang schalten muss, damit die Enduro die Steigung meistern kann. Zwei Stunden später tauchen die ersten Häuser von Pijao auf. Beim einzigen Hostal im Dorf habe ich über WhatsApp gestern nachgefragt, ob sie ein freies Zimmer haben und mir dieses reserviert, weil nur noch eines von zwei frei war. Jetzt halte ich vor der Haustüre, die offen steht. Ich gehe hinein und die Treppe hoch, wo eine weitere Tür mir den Weg versperrt.

Ich klingele, worauf wie gestern bei der anderen Unterkunft erst einmal nichts passiert. Ich klingele nochmals und schicke gleichzeitig eine Nachricht los, dass ich angekommen bin. Es rührt sich nichts, worauf ich mich erneut auf den Bordstein setze, und mir überlege, was ich mache, wenn sie auch nicht auftauchen.

Ein paar Minuten später poltert es hinter mir, und die Tür geht auf. Die Inhaberin steht verschlafen im Türrahmen und bittet mich herein. Was für ein friedliches Leben, wenn man als Hostalbesitzerin mittags einfach die Türen schliessen kann, um ein Nickerchen einzulegen. Sie zeigt mir mein Zimmer und öffnet anschließend unten ein kleines Tor, über das ich im Parterre des Hauses die Honda parkieren kann.

 

Wieder oben im Zimmer ist es mit der Ruhe vorbei, weil im Nachbarshaus laute Technomusik ertönt. Ich schaue aus dem Fenster und sehe ein kleines Fitnessstudio gegenüber, aus dem der BumBumSound ertönt. Der Besitzer öffnet gerade die Tür und lässt zwei Kunden herein. So schnell kann es gehen, und mit der idyllischen Ruhe im Dorf ist es vorbei. Die Hostal-Besitzerin schüttelt nur den Kopf und meint, dass dies noch nicht lange der Fall sei. Der Fitnessbesitzer jedoch nicht einsichtig sei und ihr vermutlich nichts anderes übrigbleibe, als ihn irgendwann zu erschießen. Andere Länder, andere Konfliktlösungsansätze. Das zweite Zimmer wird von Lisa aus Deutschland belegt. Wir stellen uns vor, und als sie hört, dass ich Christian heiße und mit dem Motorrad durch Südamerika reise, fragt sie mich, ob ich in Chile und Argentinien mit dem Wolf für mehrere Monate unterwegs war. Ich schüttele den Kopf und sage ihr, dass dies ein Bekannter von mir war, der auch Christian heißt, und ich mit ihm in Bolivien herumgereist bin. Ich die beiden davor aber einmal im Norden von Chile getroffen habe, kurz bevor Wolf wieder nach Deutschland zurückmusste. Sie meint daraufhin, dass der Wolf ein sehr guter Freund von ihr sei. Zufälle gibt es, die glaube ich manchmal kaum.


Um 05:00 Uhr öffnet das Fitnessstudio seine Türen und lässt zeitgleich wieder laute Musik laufen. Weiterschlafen kann ich vergessen, weshalb ich etwas lese. Als ich dann um 08:00 Uhr aufstehe und frühstücken gehe, stellt die Musik ab und das Studio schließt. Super Timing, würde ich sagen. In Salento war ich bereits im letzten Juli/August mit meiner Partnerin. Deshalb besuche ich jetzt die kleinere Ortschaft Filandia, die einige Kilometer von Salento entfernt in den Hügeln liegt. Es sind lediglich 70 Kilometer bis dahin, und so kann ich mir Zeit lassen. Ich plaudere noch ein wenig mit Lisa und der Hostalbesitzerin und mache mich dann langsam auf den Weg. Kurz vor der kleinen Ortschaft Buenavista habe ich auf Google Maps eine Kaffee-Finca entdeckt, die ein kleines Restaurant mit Aussichtsterrasse betreibt. Diese steuere ich über eine schmale, halb geteerte Straße mit unzähligen Weitblicken an. Das Café existiert immernoch und hat sogar geöffnet. Außer mir ist noch niemand hier, und so kann ich mir den besten Platz auf der Terrasse aussuchen. Fantastisch. Langsam trudeln immer mehr Gäste ein, und als ich nach einer Stunde weiterfahre, sind alle Tische besetzt, und beim Parkplatz gibt es einen Platzanweiser. Über die Ortschaft Buenavista, von welcher ich von beiden Dorfseiten eine Buenavista auf die Ebene des Valle de Cauca erhalte, verlasse ich die

Hügellandschaft und gelange alsbald in die Außenbezirke der Stadt Armenia. Um nach Filandia zu gelangen, muss ich zum Glück nicht durch die ganze Stadt fahren, sondern kann diese rechts liegen lassen. Zwischen viel Schwerverkehr fahre ich bis zur Ortschaft Quimbaya, wo meine Route endlich von der Hauptstraße wegführt. Zuerst muss ich jedoch durch ein heruntergekommenes Viertel der Ortschaft fahren, wo ich kurzzeitig anhalten muss, weil mein Navi mich eine steile Straße hinaufführen will. Kaum angehalten, stoppt ein Motorradfahrer neben mir und fragt, wohin ich hin möchte. Ich antworte nach Filandia, worauf er sagt, ich könne einfach weiterfahren und die nächste Straße nach rechts nehmen. Ich soll jedoch nicht hier herumstehen, weil es nicht sicher ist. Ich bedanke mich, fahre weiter und nehme die von ihm erwähnte Straße, die mich einige hundert Meter später auf die Straße nach Filandia bringt. Die Strecke führt erneut in die Hügel hinein, die gesäumt sind mit Kaffeeplantagen und schönen Fincas. Filandia selbst ist ein überschaubares, buntes Dorf, das neben dem Kaffeeanbau vom einheimischen Tourismus lebt. Entsprechend sind die Straßen und der Dorfplatz mit Besuchern gefüllt. Meine Unterkunft liegt mittendrin, wo ich ein bequemes Zimmer mit sicherem Parkplatz für die nächsten zwei Tage bekomme.



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