Medellin

Um 03.30 klingelt mein Handywecker und zwanzig Minuten später schreite ich in den dunklen Garten hinaus.

 

An der Strasse schalte ich die Uber-App auf und sehe drei Fahrzeuge in der Nähe. Ich gebe meine Fahrt ein und drücke auf Bestätigen.

 

Wie schon bei anderen Uber-Bestellungen verschwinden beim konkreten Bestellen plötzlich alle vorher angezeigten Fahrzeuge. So auch jetzt.

 

Nach einigen Momenten zeigt mir die App ein Fahrzeug an, welches in 10 Minuten hier sein sollte. Gute denke und sehe im gleichen Moment, wie das Fahrzeugsymbol auf der App wieder verschwindet.

 

Die Nachricht erscheint, dass nach einem neuen Fahrzeug gesucht wird. Nach fünf Minuten zuwarten ist mir jedoch klar, dass dies nichts bringt und ich die vier Kilometer zu Flughafen laufen muss.

 

Damit habe ich bereits gerechnet und mache mich leicht frustriert auf den Weg durch die schlecht beleuchteten Strassen.

 

Ohne mich zu verlaufen, erreiche ich 40 Minuten später den Flughafen. Bevor ich in die Abflughalle eintrete, setze ich mich draussen auf eine Bank und ruhe mich für ein paar Minuten aus.

 

Zeit bleibt mir genügen, ist es doch erst 04.40 Uhr.

 

In der Abflughalle hat es wenig Leute und da ich lediglich mit Handgepäck fliege, begebe ich mich gleich zum Durchgang für die Passkontrolle und Sicherheitscheck.

 

Ausser mir will niemand dahin und so bin ich die einzige Person beim Sicherheitscheck und der anschliessenden Passkontrolle.

 

Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal, oder überhaupt jemals, in meinem Reiseleben so schnell durch diese Kontrollen durchgekommen bin.

 

Ein Blick auf die Abflugstafel zeigt mir den Grund dafür. Lediglich fünf Flugzeuge verlassen Asuncion bis 12.00 Uhr mittags.

 

Alles weitere bis nach Bogota verläuft im normalen Rahmen. Warten, fliegen, warten, fliegen.

Etwas früher als erwartet setzen die Räder meines Flugzeuges auf kolumbianischen Boden auf und die Passkontrolle verläuft ebenfalls zügiger als ich gedacht.

 

Und schon stehe in der Gepäckabholhalle, wo Diana auf mich wartet. Yippie!

 

Für die Fahrt zu unserem Hotel in der Zona Rosa in Bogota nutze ich wieder die Uber-App, die uns dieses Mal sofort ein Fahrzeug zuordnet.

 

Bis wir es zwischen den vielen Fahrzeugen vor der Abflughalle finden, dauert es dann eine Weile.

 

Eine lange Weile dauert auch unsere Fahrt in die Stadt hinein. Es herrscht nämlich ein Verkehrschaos seinesgleichen, wobei unser Fahrer meint, dass sei normal.

 

Wir bleiben lediglich für zwei Nächte in Bogota und fahren danach weiter per Bus nach Medellin. Die Hauptstadt erkunden wir am Schluss unserer vierwöchigen Rundreise.

 

Die Bustickets kaufen wir online und bestellen uns früh genug ein Uber-Fahrzeug zum Busbahnhof.

 

Heute ist der Verkehr zum Glück weniger dicht, weil in Kolumbien der Unabhängigkeitstag gefeiert wird.

 

Drei Stunden später belegen wir unseren Sitze im modernen Bus und stellen fest, dass wir mit unserer Sitzwahl nicht ins Schwarze getroffen haben.

 

Dachten wir bei der Bestellung, dass die beiden vordersten Sitze rechts vom Busfahrersitz die Plätze mit der besten Aussicht sind, stellt sich jetzt heraus, dass es genau das Gegenteil ist.

 

Eine undurchsichtige Wand sperrt den Busfahrer von den Passagieren ab und das seitliche Fenster ist bis zur Hälfte mit schwarzer Folie abgeklebt.

 

Und so kommt es, dass wir die mehr als 10-stündige Fahrt praktisch ohne Sicht auf das grüne Kolumbien hinter uns bringen.

 

Ziemlich müde verlassen wir im Dunkeln den Busterminal und werden von einem freundlichen Taxifahrer angesprochen, der uns zu einem angemessenen Preis zu unserer Unterkunft im Bezirk Poblado fährt.


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Vor der Jahrtausendwende war Medellin über Jahre hinweg die mit Abstand gefährlichste Stadt der Welt. Wer während dieser Zeit die Stadt besuchte, setzte sich einem grossen Risiko aus.

 

In den letzten 15 Jahren hat jedoch Kolumbien als auch Medellin einen riesigen positiven Wandel durchgemacht und beides kann heute ohne Bedenken bereist werden.

 

Natürlich hat es weiterhin Bezirke in der Stadt, die wir Touristen besser meiden. Doch welche andere Grossstadt hat diese Problemviertel nicht auch.

 

Nach einer erholsamen Nacht frühstücken wir ausgiebig und machen uns anschliessend mit der Metro auf den Weg zum Treffpunkt der Free City Walking Tour durch das Zentrum von Medellin.

 

Gestern Abend haben wir uns für diese Tour zwei Plätze online reserviert und werden jetzt von Julio unserem englischen sprechenden Guide empfangen. Nebst uns nehmen weitere Touristen aus Europa, den USA und aus Asien teil.

 

Der Zentrum-Distrikt von Medellin wird in etlichen Reiseführern als Problemviertel beschrieben, das vor allem nachts gemieden werden sollte.

 

Julio zeigt uns während den nächsten vier Stunden den pulsierenden Bezirk und die Veränderungen über die letzten Jahre, die zu einer Verbesserung der Sicherheitslage führten.

 

Früher waren Kleinkriminelle und Drogenabhängige allgegenwärtig. Diverse Sozialprogramme, bauliche Veränderungen und erhöhte Polizeipräsents zeigten jedoch ihre Wirkungen und heute kann der Distrikt tags durchaus besucht werden.

 

Von Julio erfahren wir zudem viele Informationen, wie es einst möglich war, dass Medellin zur gefährlichsten Stadt der Welt werden konnte und wie in den letzten 20 Jahren die positiven Veränderungen zustande kamen.

 

Er erzählt uns auch, dass die kolumbianische Bevölkerung mehr als genug davon hat, nur auf die Drogenkartelle, den Rebellengruppen und prekären Sicherheitslage reduziert zu werden. 

Alle positiven Aspekte des Landes bleiben dabei ausser Acht. Keine einfache Bürde, die die kolumbianische Bevölkerung trägt.

 

Müde vom Durchstreifen der mit Menschen vollgestopften Gassen und Strässchen setzen wir uns für ein Mittagessen in ein nahes ruhiges Restaurant und füllen unsere Kalorienspeicher.

 

Dabei entschliessen wir uns nach dem Essen mit der Metro in den Bezirk der Comuna 13 zu fahren und dort mit der Gondelbahn hinauf in die Hügel zu gleiten.

 

Die Comune 13 war der Ort, wo die Drogenkartelle und die verschiedenen Rebellengruppen über Jahrzehnte hinweg die Macht hatten und sich gegenseitig bekämpften. Von hier aus wurden viele der verehrenden Bombenanschläge und Mordaufträge in Medellin organisiert.

 

Eine grossangelegte Militäraktion beendete die Macht der Drogenkartelle und vertrieb die Rebellen aus der Comuna.

 

Dies befriedete den Bezirk jedoch noch lange nicht, weil durch die Aktion hunderte von Auftragskillern und andere Kriminelle quasi arbeitslos wurden und sich anfingen gegenseitig zu bekämpfen.

 

Die Erschliessung der Comuna 13 durch die Metro, einer Luftseilbahn und Rolltreppen an den Rest der Stadt leitete die grosse positive Veränderung des Bezirks ein.

 

Die Stadt plante und organisierte hinzu umfängliche Sozialprogramme, ermöglichte einen leichten Zugang zu Bildung und die Anwohner fanden leichter Arbeit in den anderen Bezirken der Stadt.

 

Die städtischen Investitionen in den Bezirk fruchteten und heute ist die Comuna 13 der grösste Touristenhotspot der Stadt.

 

Unserer Gondelfahrt führt über die Wellblechdächer des ruhigeren, wenig besuchten Teils der Comune

 

Dabei können wir nur ansatzweise erahnen, wie schwierig und hart das Leben in den ineinander verschachtelten Häusser war und wohl heute noch ist.

 

Ziemlich müde gelangen wir vor dem Eindunkeln zurück in unsere Unterkunft und relaxen den restlichen Abend.


Den ehemals berüchtigtsten Teil der Comuna 13 besuchen wir heute auf eigene Faust. Durch die gestrigen Informationen von Julio wissen wir, dass die Hauptwege durch den Bezirk voll mit Touristen sind und deshalb keine Sicherheitsrisiken bestehen, ausser überhöhte Preise für Souvenirs zu bezahlen.

 

Für die Fahrt dahin nehmen wir einmal mehr die Metro, die eine aussergewöhnliche Erfolgsgeschichte von Medellin ist.

 

Erst 1996 wurde die Metro in der Millionenstadt eröffnet und wird seither von der Bevölkerung als sicheres Verkehrsmittel geschätzt und behütet.

 

Auch nach über 20 Betriebsjahren sind die Stationen und Züge in einem tadellosen Zustand.

 

Niemand isst oder trinkt in den Zügen, schmeisst Abfall auf den Boden oder besprayt die Wände der Züge oder Stationen mit Graffitis.

 

Für die Sicherheit sorgt die Bevölkerung dadurch, dass sie die Metro rege nutzt und die Züge deshalb immer gut besetzt sind.

 

Dasselbe gilt für die Luftseilbahnen, welche die Bezirke auf den umliegenden Hügeln erschliessen.

An der Endstation mit dem Namen San Javier verlassen wir die Metro und werden sogleich von unzähligen Guides angesprochen, die uns die Comuna 13 zeigen wollen

 

Wir lehnen für einmal dankend ab, wechseln auf die andere Strassenseite und steigen in ein Taxi ein, dass uns bis zu der ersten Rolltreppe bringt.

 

Wir steigen aus und tauchen ein in den Touristenrummel, der sich entlang der Rolltreppen bis weit hinauf in die Comuna 13 hinzieht.

 

Wir staunen, wie sich in 20 Jahren einer der gewalttätigsten Bezirke der Welt in einen Bezirk voller Souvenirshops, Graffiti Künstler, Breakdance Performer, Rapper und unzähligen Bars und Restaurants transformiert hat, der täglich tausende von Touristen anzieht und den Anwohnern ermöglicht, ihr Auskommen auf friedliche und legale Weise zu generieren.

 

Ein paar Stunden später steigen wir voller neuer Eindrücke wieder in die Metro und fahren zurück ins Stadtzentrum.

 

Dort wechseln wir die Linie und lassen uns in den Norden der Stadt chauffieren, wo wir auf einer gemütlichen Gondelfahrt über einige der dortigen Viertel hinwegfliegen.

 

Danach sind unsere Aufnahmespeicher für heute voll und wir treten die Rückfahrt in unser Hotel an, die eine weitere Stunde in Anspruch nimmt. 



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