Ins bolivianische Amazonas-Tiefland

Wir verlängern unseren Aufenthalt in Coroico um einen weiteren Tag und geniessen die Ruhe in unserer Unterkunft.

 

Daneben waschen wir und sollten einen Motorrad-Check inklusive Luftfilterreinigung durchführen. Weil jedoch die nächsten zwei Tage bis nach Trinidad im Amazonasbecken weitere Staubstrassen angesagt sind, verschieben wir den Check, bis wir in Trinidad ankommen.

 

Nach dem Frühstück packen wir unser Hab und Gut auf die Maschinen. Dabei fällt Christian auf, dass sein Kettenschutz an einer verschraubten Stelle gerissen ist und die Schraube kurz davor ist, abzufallen.

 

Ein Kabelbinder hilft weiter und die Schutzvorrichtung hält wieder einigermassen.

 

Es liegen 230 km Bergstrasse vor uns bis wir in Yucumo angekommen, wo das Amazonas-Tiefland beginnt. Gemäss unseren Informationen sollte die Strasse geteert sein, was sich aber als Irrtum herausstellt.

 

Den Berg, auf welchem Coroico liegt, verlassen wir über die alte Steinstrasse, die früher die einzige Verbindung ins Dorf war. Die verläuft an unserer Unterkunft vorbei, was die Sache einfach macht.

 

Durchgeschüttelt von der Steinpiste gelangen wir eine halbe Stunde später auf die Verkehrsachse ins bolivianische Tiefland.

 

Anfangs ist die Strasse geteert und in einem guten Zustand. Das ändert jedoch nach einigen Kilometern und die ersten groben Löcher im Belag tauchen vor uns auf. 

Dazwischen wechselt der Untergrund immer wieder auf Schotter, wo durch die Lastwagen, die hier gut vertreten sind, viel Staub aufgewirbelt wird.

 

Einmal mehr werden wir und unsere Motorräder von Kopf / Lenker bis Fuss / Räder eingestaubt.

 

Je weiter wir in Richtung Amazonasbecken vordringen, je schlechter wird die Piste. Abschnitte mit tiefem Kiess wechseln sich ab mit Teerabschnitten mit brachialen Löchern.

 

Dazu gesellen sich Strecken mit roter Dschungelerde, die im trockenen Zustand wie Beton ist und bei nassen Stellen rutschig.

 

Hinzu kommen die steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit, je weiter wir an Höhenmeter verlieren.

 

Dies alles zerrt an unseren Kräften und wir benötigen einiges länger bis nach Yucumo als gedacht.

 

Ziemlich müde stellen wir abends vor dem einzigen pasablen Hotel in Yucomo unsere Motoren ab und ziehen sogleich unsere Helme und Jacken aus, weil die tüppigen 30 Grad einen Schweissflut bei uns auslöst.

 

Nach etwas suchen und einem Telefonanruf auf die WhatsApp Telefonnummer, die auf der Werbetafel steht, finden wir die Besitzerin den Hotels und bekommen ein einfaches, aber sauberes Zimmer ohne Moskitos.

 

Eine Stunde später überqueren wir die Strasse mit unseren Benzinblasen und füllen diese an der örtlichen Tankstelle auf bevor wir unser verdientes Nachtessen bestellen.


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Bis nach Trinidad sind es weitere 280 Kilometer. Ob wir das heute schaffen oder nicht, hängt massgeblich von der Strasse ab.

 

Ich bezahle die Unterkunft bei der Hotelbesitzerin und frage nach, ob sie wisse, wie die Strecke von hier bis zur nächsten grösseren Siedlung San Borja ist, die gemäss meiner OSM-Karte alles geschottert wäre.

 

Sie zeigt auf die Baumaschinen auf der anderen Strassenseite und erwidert, dass die Strasse bis auf wenige Kilometer vor San Borja seit ein paar Tagen fertig geteert sei.

 

Klingt gut und wir steigen auf unsere Adventure Bikes und düsen gespannt hinaus ins flache Amazonas-Tiefland.

 

Die Auskunft unserer Gastgeberein bewahrheitet sich und bis 10 km vor San Borja ist die Strasse frisch geteert, wodurch wir schneller sind als geplant.

 

Der anschliessende Schotterabschnitt, der sich durch die Ortschaft hindurchzieht, entpuppt sich dagegen als grottenschlecht, weil auf der gesamten Strecke an der Strasse gebaut wird.

 

So enden wir wieder im Staub der Lastwagen, die uns die Sicht auf die mit viel Kies versehene Piste nimmt.

 

Leider bekamen wir am Morgen im Hotel kein Frühstück oder einen Kaffee, weshalb wir uns in San Borja nach einen Restaurant umschauen, wo es was zu knabbern gibt, was nicht aus Reis und Fleisch besteht.

 

Wir biegen deshalb von der Hektik der Baustelle ab und landen schnurstracks in der morgendlichen Rush Hour des Dorfzentrums.

 

Rush Hours heisst hier dutzende von Zweirädern, die kreuz und quer durch die Dorfmitte brummen. Wegen den ganzjährigen heissen Temperaturen sind im Tiefland noch viel mehr Menschen mit irgendwelchen Zweirädern unterwegs als in den anderen Landesteilen.

 

Wir brechen deshalb unser Vorhaben ab und fahren zurück auf die Verkehrsachse nach Trinidad.

 

Aus der Ortschaft raus, beginnt erneut eine gut unterhaltene Teerstrasse, die uns für die nächsten 150 km vorwärtsbringt.

 

Gestoppt werden wir von Verkehrstafeln für Wildwechsel, die fast alle Tiere abbilden, die bei uns im Zoo leben.

 

Kaimane, Schildkröten, Schlangen, Ameisenbären, Faultiere, Capybara (Wasserschweine) und Jaguare.

 

Nach jeder Tafel sind wir gespannt, was auf der nächsten abgebildet sein wird.

 

Natürlich hoffen wir, dass wir diese Tiere nicht nur auf den Verkehrstafeln sehen, sondern auch in Natura, was kurz darauf auch der Fall ist.

 

Als erstes spaziert eine Familie Capybara an einem kleinen Flusslauf entlang, an welchem auch gleich zwei Kaimane liegen.

 

Als ich für ein Foto anhalte, verziehen sich die Kaimane blitzschnell ins Wasser. Die Wasserschweine hingegen lassen sich durch mich nicht stören.

 

Wir cruisen weiter und können einige Kilometer später unser Glück kaum fassen, überquert doch ein Faultier die Teerstrasse.

 

Wir stellen uns um das Faultier herum, damit die wenigen heranbrausenden Autos uns sehen und somit den Kleinen nicht überrollen. Schliesslich braucht er lang, bis er auf der anderen Seite ins Gebüsch eintaucht.

 

Ich war  vor einigen Jahren für einen Monat in Costa Rica mit dem Rucksack unterwegs und war etlichen Dschungeltouren. Dabei habe nie ein Faultier gesehen und jetzt kriecht hier einfach eines über die Strasse. Unglaublich.

 

Mit einem Lachen im Gesicht fahren wir weiter und halten eine knappe Stunde später auf einer Brücke, wo wir in der App iOverlander gelesen habe, dass gute Chance bestehen Flussdelfine zu sichten.

 

Und tatsächlich sehen wir auf einige Distanz drei oder vier Delfine, die immer wieder kurz auftauchen. Was für ein Glück wir heute haben.

 

Etwas später erreichen wir während der Mittagshitze die Ortschaft San Ignacio de Moxos.

 

Wir parkieren unsere Motorräder bei der Tankstelle im Schatten und holen flüssigen Nachschub für die Motoren.

 

Anschliessend setzen wir uns gegenüber der Strasse in ein Restaurant und füttern unsere knurrenden Màgen.

 

Da es nur noch 80 km bis nach Trinidad sind, entschliessen wir uns für die Weiterfahrt. Die Teerstrasse wird zwar bald enden, jedoch gehen wir davon aus, dass wir es trotzdem bis 17.00 Uhr in die Dschungelstadt schaffen.

 

Wie angezeigt, endet die Teerstrasse dann einige Kilometer später abrupt und verwandelt sich in eine durch die Sonne ausgetrocknete, knallharte Dschungelpiste.

 

Diese bringt uns zum Rio Mamore, wo Dschnungelfähre auf uns wartet.

 

Der letzte Kilometer bis zum Fluss ist eine ausgefahrene schmale Naturstrasse, die zwischen verschiedenen Holzhäusern hindurchführt.

 

Einen effektiven Verladesteg gibt es nicht, weil je nach Wasserstand sich immer wieder alles verändert.

 

Wir fahren bis ganz nach vorne, wo wir den Weg frei machen müssen, für einen Sattelschlepper, der mit riesigen Holzstämmen von einer der Fähren runterfährt und sich durch die schmale Piste kämpft.

Nachdem dieser durch ist, winkt uns ein Mann zu und zeigt nach rechts. Wir schauen in diese Richtung und sehen einen weiteren Mann uns zuwinken.

 

Wir fahren Querfeld ein und gelangen zum Fährboot für Motorräder. Die Auffahrt ins Boot besteht lediglich aus drei Brettern. Ich überlege nicht lange, weil dies bekanntlich in solchen Situationen eher behinderlich ist, und lenke die Honda zum Fluss hinunter und dort über die drei Bretter ins kleine Boot.

 

Mit der leichten Honda geht das zum Glück einfach. Ich steige vom Motorrad und hören den Mann neben mir sagen, dass ich die Maschine umdrehen muss, weil wir auf der anderen Seite wieder in derselben Richtung aus dem Boot hinausfahren müssen.

 

Auch das kann ich Dank der handlichen Honda problemlos bewerkstelligen.

 

Danach zirkelt Christian die schwerere T7 aufs Boot, was ebenfalls ohne Zwischenfall geht.

 

Mehr Motorräder hat es nicht und so tuckert das kleine Fährboot langsam auf die andere Seite.

 

Erneut legen wir abseits des Autoverlad an, wobei wir unsere Motorräder festhalten müssen, weil das Boot mit Schuss aufs Ufer fährt.

 

Nachdem das Boot mit einer Kette verzurrt ist, drehen wir als erstes die T7 auf dem Seitenständer um 180 Grad, damit Christian vom Fährboot runterfahren kann.

 

War die Einfahrt auf der anderen Seite noch einigermassen flach, präsentiert sich auf dieser Seite die Ausfahrt als steiler Anstieg.

 

Wir müssen deshalb mit Gas vom Boot düsen und dürfen dabei dass sich bewegende schmale Verladebrett nicht verfehlen.

 

Christian braust als Erster los und kommt gut den Anstieg hoch. Ich folge ihm und schaffe es ebenfalls problemlos.

 

Anschliessend bringt uns ein schmaler Dschungeltrack zurück auf die Schotterstrasse nach Trinidad.

 

Einige Kilometer vor der Stadtgrenze wechselt der Belag wieder auf Teer und wir rollen mit unzähligen anderen Zweiradlenkenden in die Stadt hinein.

 

Natürlich fallen wir mit unseren beiden Motorrädern und Motorradkluft zwischen all den lokalen Zweiradfahrenden sofort auf und es dauert nicht lange, bis ein Jugendlicher mit mir während der Fahrt einen Small Talk beginnt.

 

Das geht unkompliziert, sind die Autos gegenüber den hunderten von Zweirädern in der Unterzahl, wodurch das Tempo auf der Strasse von den Zweiradverkehrsteilnehmenden bestimmt wird.

 

Ich verabschiede mich von meinem Gegenüber und biege links ab zum ersten Hotel, welches wir rausgesucht haben.

 

Sieht soweit gut aus und es gibt einen Innenhof, wo wir unsere Motorräder parkieren könnten. Ja könnten, wäre das Hotel zu unserem Erstaunen nicht ausgebucht.

 

Das ist das erste Mal, dass wir auf Anhieb nicht ein Zimmer bekommen, weshalb ich nachfrage, ob eventuell ein spezieller Event in der Stadt stattfindet und deshalb alle Zimmer belegt sind.

 

Die Frau schüttelt jedoch ihren Kopf und meint, sie wisse auch nicht wieso so viele Gäste hier seien.

 

Nun gut, dann fahren wir zur zweiten von uns herausgesuchten Unterkunft. Auch hier gibt es einen Innenhof, sogar mit Swimmingpool, in dem bereits vier grosse BMW-Motorräder stehen.

 

Wir fragen am Empfang nach einem Doppelzimmer, worauf die Frau ihren Kopf schüttelt und erwidert sie hätte lediglich noch zwei Einzelzimmer frei.

 

Wir überlegen nicht lange und buchen die beiden Zimmer. Der Preis ist zwar etwas höher als sonst, jedoch immer noch günstig für unsere Verhältnisse.

 

Wir fahren in den Innenhof hinein und werden gleich von den BMW-Fahrern begrüsst, die rund um den Swimmingpool sitzen.

 

Sie kommen aus Santa Cruz de la Sierra und gehöre einem grossen Motorrad Club an.

 

Sie laden uns auf ein kaltes Bier ein und fragen uns über unsere Reise aus. Dazwischen kommen immer weitere Motorradfahrende der Gruppe im Innenhof an.

 

Beim Plaudern finden wir auch heraus, wieso vermutlich die Hotelzimmer so gut belegt sind. Gestern Donnerstag war Fronleichnam, was in Bolivien ein Feiertag ist und deshalb etliche Leute von Santa Cruz für ein verlängertes Wochenende nach Trinidad kamen.

 

Nach einer Stunde verabschieden wir uns von der Gruppe und ziehen uns um fürs Nachtessen. Die Frau am Empfang empfiehlt uns ein Lokal, wo wir Kaiman essen können. In dieser Region eine Spezialität.

 

Sie hat uns nicht zu viel versprochen und das Essen ist lecker.

 

Tags darauf werden wir von einigen der Motorrad Gruppe auf ein Gehöft in der Nähe von Trinidad eingeladen, welches einem von ihnen gehört.

 

Christian fährt mit und ich bleibe für ein paar Telefonate mit meiner Familie im Hotel und folge ihnen später.

 

Diese dauern dann etwas länger, weshalb ich nachher nicht mehr rausfahre, sondern einen geruhsamen Nachmittag für mich verbringe.


Nach dem Frühstück am nächsten Morgen starten wir mit dem Motorrad-Check. Dringend nötig nach den vielen Tagen auf den Staubpisten.

 

Der Luftfilter und die Kette benötigen dabei die meiste Pflege, was sie ausgiebig bekommen.

 

Abends besuchen wir ein Steakhouse, welches uns ein Hotelgast kurz vorher empfohlen hat. Auch hier schmeckt das Essen super.

 

Der Wetterbericht für die nächsten zwei bis drei Tage sieht leider düster aus. Viel Regen und einer Halbierung der Temperaturen auf unter 15 Grad.

 

Erscheint uns als unreal, zeigt das Thermometer im Moment abends um 21.00 Uhr immer noch 25 Grad an.

 

Wir entscheiden uns trotzdem für eine Verlängerung unseres Aufenthaltes um zwei Nächte, was sich in der zweiten Nachthälfte als richtig erweist, weckt mich doch lautes Donnern und heftiger Regen.

Als ich das Zimmer für das Frühstück verlasse, schlägt mir ein kalter Wind entgegen. Zuerst denke ich, dass das Hotelpersonal die Klimaanlage voll aufgedreht hat.

 

Realisiere aber im gleichen Moment, dass dies gar nicht möglich ist, weil der Hotelgang nicht überdacht ist.

 

So stehe ich im leicht überfluteten Gang vor meiner Zimmertüre und drehe gleich wieder um und hole mir eine wärmende Jacke.

 

Paradox. Gestern lief in meinem Zimmer noch die Klimaanlage, wodurch es drinnen mit 25 Grad angenehm kühl war und auf dem Gang tüppig heiss.

 

Heute ist es im Zimmer mit 25 Grad warm und auf dem Gang ungemütlich kalt.

 

Am Mittwoch scheint der Kaltwetterspuk vorbei zu sein und wir können hoffentlich weiter. Das ist jedoch in dieser Region nach heftigen Regenfällen alles andere als sicher.



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