Die ersten Tage in Ecuador

Beim Planen meiner Weiterreise bis nach Ecuador erreichen mich die ersten Nachrichten über eine WhatsApp-Chatgruppe, dass ab übermorgen während dreier Tage landesweite Proteste gegen die peruanische Regierung stattfinden. Keine guten Nachrichten, da solche Proteste in Peru oft zu Straßenblockaden und anderen Ereignissen führen, die meine Weiterreise stark beeinträchtigen können. Hinzu kommt das weiterhin regnerische Wetter in den Bergen. Die Voraussetzungen für eine Route durch die Anden bis an die Grenze von Ecuador sind deshalb gänzlich schlecht, zumal mir für die dafür nötigen drei Fahrtage nur noch vier Tage bis zum Ablauf meines T.I.P. verbleiben. Da stehen die Chancen leider gut, dass ich es nicht rechtzeitig bis zur Grenze schaffe, weil eine Baustelle, Erdrutsch oder Straßenblockade meine Reise verzögert.

 

Wohl oder übel entscheide ich mich aus diesen Gründen, einen weiteren Tag auf der Panamericana bis zur Grenze zurückzulegen. Das behagt mir zwar gar nicht, aber die verkürzte Gutschrift meiner T.I.P.-Resttage zwingt mich dazu. Jetzt rächt es sich, dass ich bei der Einreise nach Peru nicht darauf bestanden habe, dass ich 90 Tage bekomme. Ich plane früh loszufahren und bepacke deshalb meine Enduro schon vor dem Frühstück. Beim Hinauskommen sehe ich eine Triumph-Maschine neben meiner Honda stehen, die ein Kennzeichen aus Panama hat. Es dauert nicht lange, und der Fahrer steht neben mir. Es ist Kevin aus Kanada, der anfangs als Backpacker bis Panama gereist ist und dann gemerkt hat, dass er lieber mit einem Motorrad weiterreisen möchte. Kurzum hat er sich die Triumph in Panama City zugelegt. Es fehlt ihm anscheinend nicht an Geld, da er neben dem recht teuren Ankaufspreis auch gleich die Luftfracht nach Kolumbien für das Motorrad bezahlen musste. Während des Frühstücks plaudern wir ein wenig über seine und meine kommenden Routen und verabschieden uns dann bereits wieder, da ich los möchte.

 

Das Hotel liegt zum Glück außerhalb des Stadtzentrums, weshalb ich ohne große Verkehrsstaus auf die Panamericana komme. Danach geht es erstmal 100 km durch Wüstengebiet ohne irgendeine Siedlung. Die erste Tankstelle erscheint und zu meiner Überraschung mit einem angrenzendem Café Shop. Eine Kombination, die es in Peru kaum gibt. Das nutze ich selbstverständlich aus und genehmige mir nach dem Tanken einen Kaffee.

 

Piura ist die letzte größere Stadt auf meinem Weg nach Ecuador, die ich auf einer neueren Umfahrungsstraße links liegen lassen. Es folgen weitere Kilometer durch Niemandsland, das mit ausgetrockneten Büschen übersät ist. Von weitem sehe ich dicke Rauchwolken über meiner Strecke aufsteigen. Das muss ein ziemliches Feuer sein. Die Straße steuert schnurgerade darauf zu, und bald stecke ich mitten in den Rauchschwaden, die durch das brennende Buschland rundherum entstehen. Teilweise ist der Rauch so dicht, dass ich kaum etwas sehe und hoffe, dass ich da wieder rauskomme. Zum Glück lichtet sich der Rauch plötzlich und ich fahre wieder dem blauen Himmel entgegen. Entweder ist das Feuer zur Rodung des Buschlandes neben der Strasse außer Kontrolle geraten oder ein anderes Ereignis hat es entfacht.

Auf jeden Fall nicht ungefährlich und von Polizei oder Feuerwehr ist weit und breit nichts zu sehen. Von der letzten Siedlung bis zum Grenzposten sind es weitere 50 km, auf denen mir etliche Polizeikontrollen den Weg versperren. Sie kontrollieren jedoch nur den Verkehr, der aus Ecuador kommt, und lassen mich jeweils passieren.

 

Wie so oft bildet die Grenze ein Fluss, der hier Rio Sabiango heißt. Als ich an der Grenzbrücke ankomme, schaue ich auf die Uhr. Es ist 15.00 Uhr. Noch genug Zeit für die Grenzformalitäten. Die alten Baracken des peruanischen Zolls auf meiner Seite der Brücke sind verbarrikadiert und einen Grenzbalken gibt es nicht. Ich fahre deshalb im langsamen Tempo über die Brücke. Am anderen Ende stoppt mich ein freundlich lächelnder ecuadorianischer Soldat und heißt mich mit einem "Bienvenido a Ecuador" willkommen. Sogleich erklärt er mir, dass ich weiterfahren soll bis zum großen Gebäude, wo sich beide Zollämter befinden. Ich bedanke mich und rolle auf den leeren Parkplatz vor dem riesigen Haus.

 

Im Gebäude bin ich der einzige Grenzgänger und muss somit bei keinem der verschiedenen Schalter anstehen. Die Reihenfolge kenne ich mittlerweile auswendig. Zuerst die Immigration für meine Ausreise aus Peru, dann der Zoll für die Ausreise meines Motorrades, dann die Immigration für die Einreise nach Ecuador und schlussendlich der Zoll für den temporären Import meiner Honda. Dieses Mal achte ich darauf, dass ich die 90 Tage sowohl für mich als auch für meine Enduro bekomme, was kein Problem ist. Eine Stunde später sind die Zollformalitäten erledigt, und ich fahre zu meiner herausgesuchten Unterkunft in der Ortschaft Macara, die lediglich zwei Kilometer von hier entfernt liegt.

Ich bekomme ein großes Zimmer mit Frühstück und die Honda einen sicheren Platz in der Garage. Alles zusammen für US$ 20.00. Ecuador und Panama sind die einzigen zwei Länder auf der Welt, die den US-Dollar als offizielle Währung übernommen haben. Da ich immer einige hundert Dollar als Geldreserve dabeihabe, muss ich für einmal kein Geld wechseln.

 

Nach einer erholsamen Dusche schlendere ich ein wenig durch den belebten Dorfkern und kaufe in der Apotheke eine lokale SIM-Karte. Ja, richtig gelesen, in der Apotheke. In den meisten Ländern Südamerikas vertreibt die Apotheke nicht nur Medikamente, sondern fungiert auch als Zahlungsstelle für Geldüberweisungen oder Rechnungen und verkauft SIM-Karten aller Mobilfunkbetreiber. Weil mir die Verkäuferin die SIM-Karten ohne Vorweisung meines Passes verkauft, frage ich nach, ob die SIM Karte nicht auf meinen Namen registriert werden muss. Sie erklärt mir daraufhin, dass ich in der Anleitung der SIM-Karte den Ablauf dazu finde. Wieder zurück im Zimmer lese ich im Beschrieb, dass ich ein Foto meines Passes inklusive der Mobilfunknummer an eine vorgegebene E-Mail-Adresse schicken muss. Gelesen getan und keine 10 Minuten später bekomme ich eine E-Mail zurück, dass die SIM-Karte freigeschaltet ist. Das geht aber flink hier.


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Ursprünglich wollte ich über einen anderen Grenzposten nach Ecuador reisen, der abgelegen in der grünen Hügelwelt zwischen den Anden und dem Amazonasgebiet liegt. Die Strecke auf der ecuadorianischen Seite verläuft dabei geschottert zwischen zwei Nationalparks hindurch bis zur Stadt Loja. Unterwegs liegt das Dorf Vilcabamba, was vom Quechua übersetzt das heilige Tal bedeutet. Die schöne Lage und das ganzjährliche milde Klima haben unzählige Aussteiger aus Nordamerika und Europa angezogen, die teils in schicken Häusern leben oder als Hippies auf Selbstversorgerfarmen sich selber verwirklichen. Vilcabamba liegt unweit von Loja entfernt, sodass ich von Macara aus gut dorthin gelangen kann. Ich entschließe mich deshalb, dahin zu fahren und falls es mir gefällt, ein paar Tage zu bleiben.

 

Ich habe noch einige SOL aus Peru übrig und frage im Hotel nach, ob es in der Ortschaft eine Möglichkeit gibt, diese in US-Dollar zu wechseln. Sie schicken mich ins Dorfzentrum und meinen, dass ich dort wechseln könne. Zuerst steuere ich jedoch die Tankstelle im Dorf an, vor der sich ein kleiner Stau gebildet hat, weil zwei große Lastwagen für Dieselnachschub anstehen und durch ihre Größe die Einfahrt blockieren. Damit ich von der Straße wegkomme, fahre ich neben einen der beiden Lastwagen und stelle den Motor ab. Der Lastwagenfahrer schaut aus dem Fenster und ruft, ich solle vorfahren, was ich dankend quittiere und die Honda nach vorne schiebe. Die drei davorstehenden Autofahrer winken mir ebenfalls zu, dass ich nach vorne kommen soll, damit ich als nächstes tanken kann. Bei so viel Freundlichkeit komme ich mit dem Danke sagen gar nicht mehr hinterher.

 

Mit vollem Tank brause ich zurück in die Dorfmitte und frage dort einen Sicherheitsmann vor einer Bank, wo ich Geld wechseln kann. Er ruft, ich solle einfach zum kleinen Platz vorfahren, dort stehen die Geldwechsler. Das mache ich, und beim Platz angekommen, ruft schon ein Mann cambio, cambio. Ich nicke und frage nach dem Kurs für SOL zum US-Dollar, den er mit SOL 3.80 angibt, was ein besserer Kurs ist als ich in Peru bekommen würde. Ich hole meine Soles heraus und bekomme mitten auf dem Dorfplatz auf meinem Motorrad sitzend nigelnagelneue Dollarscheine dagegen. So habe ich noch nie Geld gewechselt.

Nachdem ich die Scheine verstaut habe, lenke ich die Honda aus der Ortschaft hinaus in die grüne Bergwelt hinein.

 

Es dauert nicht lange, und ich bin schon wieder auf über 2'500 Metern angestiegen und genieße laufend tolle Ausblicke. Was mir auffällt ist, dass kaum noch Abfall am Straßenrand herumliegt. Auch in den Ortschaften sieht es aufgeräumter aus. Viele Häuser sind fertig gebaut und haben einen gepflegten Umschwung oder sogar einen kleinen Garten. Das verleiht den Dörfern einen gewissen Charme. Zu Mittagszeit halte ich in einem der Dörfer und bestelle mir in einem Restaurant mit Außenbestuhlung einen Empanada, ein Wasser und zum Nachtisch einen Kaffee, was mich gerade Mal 2,50 US-Dollar kostet. Ich reiche der Inhaberin einen Zehn-Dollar-Schein, worauf sie antwortet, ob ich nicht Kleingeld hätte, da sie kein Wechselgeld habe. Bereits beim Tanken heute Morgen habe ich vom Tankwart dasselbe gehört. Es scheint, dass in Ecuador die großen Scheine unpraktisch sind, weil niemand Wechselgeld hat.

 

Zurück auf der Straße bringt mich die Honda erneut zu einem Pass hinauf, wo ich auf eine holprige Nebenstraße abbiege. Auf dieser kann ich die Stadt Loja am Rande umfahren, um nach Vilcabamba zu gelangen. Zuerst steigt die Straße jedoch weiter an und bringt mich auf die Passhöhe. Hier drehen tatsächlich ein paar Windräder. Das sind die Ersten, die ich auf meiner Südamerikareise sehe. Beim letzten surrenden Stromerzeuger biegt die Straße scharf nach links ab. Dahinter führt das einspurige Teerband am Bergkamm entlang nach. Dabei präsentiert sich mir weit unten die Ortschaft Loja, wie sie sich im Talkessel der Länge nach ausbreitet. Die darüber hängenden Regenwolken erzeugen dazu eine coole Kulisse.

 

Eine halbe Stunde später erreiche ich Vilcabamba und halte bei einer der Unterkünfte, die mir gestern Abend beim Planen herausgestochen sind. Die Tür zum Innenhof ist offen, worauf ich eintrete und im idyllischen Garten der Herberge lande. Sogleich empfängt mich eine der Mitarbeiterinnen und zeigt mir ein Zimmer mit Blick in diesen Garten. Und vor dem Zimmer wartet eine Hängematte auf die Zimmerbewohner. Hier bleibe ich gerne ein paar Tage und ich quartiere mich für drei Nächte ein.


Nach den etwas stressigen Reisetagen durch den Norden Perus ist die ruhige und gelassene Stimmung in Vilcabamba genau das Richtige. Spät frühstücken, in der Hängematte lesen, durch die kleine Ortschaft schlendern, einen Cappuccino schlürfen, meine Reise durch Ecuador grob planen und mich danach erneut in der Hängematte vom strengen Tag erholen.

 

Dazwischen unterhalte ich mich mit einem Amerikaner, der zwei Zimmer neben mir wohnt. Er ist seit über neun Monaten hier und wollte ursprünglich für immer bleiben. Seine Geschäftsidee funktioniert aber nicht so, wie er sich das gewünscht hat, und deshalb reist er in zwei Wochen zurück nach Arizona.

Bis dahin muss er einige Dinge erledigen, weshalb er nun im Hotel wohnt.

 

Am Abend vor meiner Weiterreise checke ich die Honda durch: Reifenprofil, Luftfilter, Bremsbeläge, Öl- und Kühlwasserstand, Dichtung Gabelsimmeringe, Kettenspannung und Kabelzüge - alles in Ordnung. Ich öle noch die Kette und sprühe mit WD 40 die Halte- und Drehschrauben der Fußrasten und des Seitenständers sowie das obere Ende des Kupplungskabel ein und dann ist die Maschine bereit für die Weiterfahrt. Ein leckeres Abendessen im Restaurant eines türkischen Auswanderers rundet meinen Besuch in Vilcabamba ab.


Von den drei größten Städten in Ecuador möchte ich Cuenca besuchen. Die Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und beherbergt das Panama-Hut-Museum. Der Hut hat seinen Ursprung in Ecuador und nicht, wie sein Name hindeuten lässt, in Panama.

 

Das Straßennetz in Ecuador ist gut ausgebaut, weshalb mich auf den 250 km durch die Andenwelt keine Schotterpisten durchrütteln. Das Fehlen von Tuk-Tuks und Motorradtaxis beruhigt den Verkehr innerhalb der Ortschaft erheblich. Hinzu kommt der ruhigere und weniger aggressive ecuadorianische Fahrstil. Richtig angenehm.

 

Die grüne Berg- und Talfahrt bringt mich bis auf 3.700 Meter hinauf. Cuenca selbst liegt auf knapp 2.600 Metern. Dazwischen halte ich bei einer Finca, die Käse aus eigener Produktion verkauft sowie lokal hergestellten Schmuck und Kleider aus den umliegenden Dörfern anbietet. Daneben betreiben sie ein Restaurant, in dem ich mir einen heißen Kaffee gönne.  Mittlerweile hat etwas Regen eingesetzt, wodurch es abkühlt. Mit der Bauweise und Inneneinrichtung könnte das Restaurant ebenso bei uns irgendwo in der Alpenwelt stehen.

Kurz vor Cuenca mache ich eine Toilettenpause und halte an einer modern ausgebauten Tankstelle mit angeschlossenem Einkaufszentrum und Restaurants. Ebenfalls ähnlich wie bei uns. Auffallend sind auch die auf der ganzen Strecken regelmässig auftauchenden riesigen Wohnhäuser. Das deutet alles darauf hin, das Ecuador einen höheren Lebensstandard hat als viele andere Länder in Südamerika.

 

In Cuenca erreiche ich meine Unterkunft, die am Rande der Altstadt liegt, ohne großes Verkehrschaos. Hier hilft sicher auch, dass es Sonntag ist. Das Hotel hat im Innenhof einen großen Parkplatz, wo die Honda für die nächsten zwei Nächte einen sicheren Unterschlupf bekommt.

 

Ich ziehe mich um und unternehme einen ersten Spaziergang durch die alten Gassen von Cuenca. Dabei begegnet mir zu meiner Verwunderung eine topmoderne Straßenbahn. Einige Ecken weiter lädt mich ein kitschiges Café, das laut diversen Reiseführern die besten Churros der Stadt hat, zu einem kleinen süßen Snack ein.


Den Morgen verbringe ich mit Lesen und Faulenzen und buche nebenbei einen Platz in der Free Walking Tour, die um 15:00 Uhr beginnt. Bevor die Tour losgeht, esse ich einen Happen und besorge mir eine Wasserflasche. 

 

Am Treffpunkt warten bereits sechs andere Teilnehmende, die bis auf eine Frau aus Ecuador alle aus den Staaten kommen. Zwei davon sind ebenfalls mit Motorrädern unterwegs und fahren während sechs Monaten von Seattle im Norden der USA bis nach Ushuaia. Die Hälfte ihrer Zeit ist um, aber der Weg nach Süden ist noch weit. Bald darauf steht Guillermo, unser Guide, neben uns und die Tour kann losgehen. Als erstes besuchen wir die Kathedrale mit ihren blauen Türmen und erfahren dabei einiges über ihre Entstehung. Wegen einer Messe ist die Kirche geschlossen, aber wir können die vielen Treppen hinauf zur Aussichtsplattform besteigen. 

 

Wieder unten verschieben wir uns eine Straße weiter zum örtlichen Blumenmarkt, der vor einer weiteren Kirche und einem Kloster seinen permanenten Platz hat. Ecuador ist eine grosses Blumenexportland. Besonders die Rosen sind beliebt und bekannt. Anscheinend wurden bei der Hochzeit von Lady Diana in England die Kirche mit Rosen aus der Gegend von Cuenca im Wert von über 250.000 US-Dollar geschmückt. Beim Kloster handelt es sich um eine geschlossene Institution, die sechs Nonnen beherbergt, die noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat. Die Neuzeit kehrt jedoch auch bei dieser Institution ein, und die jüngeren Nonnen dürfen Kontakt mit der Außenwelt haben. Die Nonnen verkaufen Produkte aus ihrem Garten, die durch eine Schiebetürenvorrichtung gekauft werden können. Hierzu gehört ein medizinisches Getränk mit dem Namen Agua de Pitima, das aus verschiedenen Pflanzen hergestellt wird. 

Dieses Getränk ist bei der Stadtbevölkerung sehr beliebt, weshalb es jeden Morgen eine Menschenschlange vor dem Kloster gibt. Hierzu wurde extra ein kleiner Stand eingerichtet, der von Angestellten des Klosters betreut wird.

 

Weiter geht es zum örtlichen Markt, wo wir viel über die Kräuter und Pflanzen erfahren, die zu Mittelchen gegen allerlei Schmerzen, Gebrechen und auch Liebeskummer verarbeitet werden. Neben dem katholischen Glauben ist der Schamanismus in Ecuador weit verbreitet, und auf dem Markt kann man sich von speziell dafür ausgebildeten Frauen behandeln lassen.

 

Beim Panama-Hut-Museum endet unsere zweieinhalbstündige Tour. Den Besuch des Museums verschiebe ich auf morgen, da die Öffnungszeiten nur noch wenig Zeit für eine Besichtigung übriglassen. Wir verabschieden uns von Guillermo und danken ihm für die ausführlichen Infos über die Geschichte der Stadt und dem heutigen Leben in Cuenca und Ecuador, wozu auch das schwarze Kapitel der gegenwärtigen großen Sicherheitsprobleme durch die Drogenkartelle gehört.

 

Die offene amerikanische Art, auf andere Menschen zuzugehen, hat die Gruppe innerhalb der kurzen Zeit bereits etwas vereint, wodurch wir alle zusammen auf einen Drink in eines der umliegenden Restaurants gehen. Drei Stunden später verabschieden wir uns, und ich schlendere mit Jim und Lisa, den beiden Motorradreisenden, zurück zum Hauptplatz in der Altstadt, der jetzt wegen seiner weihnachtlichen Beleuchtung gut besucht ist.


Wegen den relativ niedrigen Preise bezahlen die Leute mit kleinen Dollarscheinen oder Münzen. Wechselgeld auf grössere Noten ist deshalb wenig verbreitet. Meine 100-Dollarscheine sind daher unpraktisch, weshalb eine Bank aufsuche, um sie in kleinere Noten umzutauschen. Wie üblich gibt es eine Schlange vor den Schaltern, die anfangs zügig vorankommt, bis die Sicherheitsleute auf die Idee kommen, eine zweite Reihe zu bilden. Ab dann ist es vorbei mit dem flüssigen Ablauf, da ein Durcheinander entsteht, welche Reihe zu welchem Schalter gehen soll. Das Personal am Schalter trägt ebenfalls dazu bei, indem es willkürlich Personen aus beiden Reihen zum Schalter ruft. Als ich endlich an der Reihe bin und der Schaltermitarbeiterin erkläre, dass ich gerne meine zwei 100-Dollarscheine in kleinere Noten umtauschen möchte, schüttelt sie den Kopf und sagt, dass dies nur bei der Banco Central möglich sei. Etwas ungläubig frage ich nach einer Ausnahme. Sie schüttelt erneut den Kopf und ruft den nächsten Kunden hinter mir an den Schalter.

 

Nicht das erste Mal, dass ich feststelle, dass in Südamerika zwar vieles unbürokratisch gelöst werden kann, es jedoch auch Situationen gibt, in denen sie total unflexibel reagieren. Dies passiert meistens in Banken oder bei öffentlichen Ämtern. Nun gut. Zur Banco Central sind es zwei Kilometer Fußweg, weshalb ich darauf verzichte, da ich nicht weiß, wie lange ich dort erneut anstehen muss und ob sie wirklich meine 100-Dollar-Scheine wechseln würden. Deshalb setze ich mich lieber in eines der schicken Cafés rund um den Parque Calderon und bestelle mir einen feinen Cappuccino.

 

Anschliessend mache ich mich auf den Weg zum Panama-Hut-Museum, das einige Straßenblocks entfernt liegt. Als ich eintrete, merke ich schnell, dass es nicht ein Museum im herkömmlichen Sinn ist, sondern ein Verkaufsladen, in dem man eine Tour buchen kann. Da niemand an den Maschinen arbeitet, verzichte ich auf die Tour und schaue mich selbst um. Außer mir sind keine anderen Besucher da, was mir Raum und Zeit lässt, mich umzuschauen. Am Ende frage ich den Angestellten, ob sie Hüte haben, die man zusammenrollen kann.

 

Grundsätzlich gefallen mir die Panama-Hüte nämlich gut, jedoch kann ich ihn nur gebrauchen, wenn er zusammenrollbar ist. Der Mitarbeiter erklärt mir, dass oft behauptet wird, man könne die Panama-Hüte zusammenrollen, dies jedoch nicht stimme, da sie dadurch bald ihre Form verlieren würden. Einzig ein Modell kommt dafür in Frage, das wie ein Zylinder in beige aussieht und mir überhaupt nicht gefällt.

 

Wieder an der frischen Luft spaziere ich zur Markthalle, die wir gestern bei der Free Walking Tour besucht haben. Im oberen Stock hat uns der Guide ein paar Restaurants gezeigt, die leckeres Spanferkel servieren und frische Fruchtsäfte anbieten. Auf so eine Portion Spanferkel habe ich jetzt Lust und bestelle mir einen Teller für $ 4.00. Hier bestimmt der Betrag die Portionsgrösse und nicht wie bei uns das Gewicht. Dazu lasse ich mir einen Kokosnussshake mixen, der so dickflüssig wird, dass der Strohhalm stehen bleibt.

 

Bevor es danach zurück ins Hotel geht, besuche ich den nächstgrößeren Supermarkt und decke mich mit Wasser und Snacks für die morgige Weiterfahrt ein. Wieder im Hotelzimmer gibt es keinen Strom. Das war gestern während einer gewissen Zeit ebenfalls der Fall, ebenso wie schon in Vilcabamba. Dort wurde mir gesagt, dass täglich ein Teil der Ortschaft, oder hier in Cuenca die Stadtviertel, keinen Strom erhalten, da der Strom rationiert wird. Anscheinend kämpft der Süden von Ecuador mit einer Dürre, weshalb drei der großen Wasserkraftwerke nur 44 % ihrer Kapazität erreichen. Über die Webseite der Gemeinden und Städte oder des Stromanbieters kann die Bevölkerung einsehen, wer wann keinen Strom bekommt. Ecuador erlebt also das Szenario, das bei uns für den letzten Winter wegen der Öl- und Gasknappheit vorhergesagt wurde. Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei und die Glühbirnen leuchten wieder. Ich nutze das Licht und beende diesen Reisebericht und packe meine sieben Sachen für die morgige Weiterfahrt.



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